Bino gegen Vampy

■ Der Kabelkanal und RTL 2 streiten um Kindersendungen

Der Feind schläft nicht – das weiß man auch beim Münchner Kabelkanal des Kirch-Imperiums. Während der Konkurrenzsender RTL 2 gerade fleißig seine neue „Vampy“-Show für Kinder produziert, muß Bino, der Mäuserich aus dem Kabelkanal-Flaggschiff „Bim Bam Bino“, auf Promotion-Tour durch Deutschland. Eigentlich läßt das Motto „Bino gegen Gewalt auf dem Schulhof“ nur auf ehrenhafte Motive schließen. Wie das Konzept und die Auftaktveranstaltung in München zeigen, dient die „Bino-Tour '93“ aber eher der Imagewerbung für den Kabelkanal, konservativen Politikern und den Hertie-Spielzeugabteilungen.

Die Diskussionsrunden sind mit Eltern, Schülern, Lehrern, Vertretern des Kabelkanals und des Bino-Puppen-Herstellers „Schildkröt“ sowie jeweils einem konservativen Politiker besetzt. Zusammenschnitte werden im September bei „Bim Bam Bino“ gezeigt. Bis auf Berlin, wo auch auf der Internationalen Funkausstellung der parteifreie Innensenator Dieter Heckelmann mitreden wird, finden die Bino-Shows allesamt in Hertie-Kaufhäusern statt. Für Kabelkanal-Geschäftsführer Karlheinz Jungbeck natürlich nur, weil es dort „ein Dach über dem Kopf und Laufkundschaft“ gibt. Es gehe nicht um PR: „Wir machen das aus sozialem Engagement heraus.“ Und damit ihn darin niemand überbietet, hat er gleich auf „linke“ Politiker in seinen Diskussionsrunden verzichtet. Argument: „Die Konservativen sind doch die größten Gegner der Privatsender.“ Dies beweise allein schon die Kampagne der bayerischen Landfrauenvereinigung gegen Gewalt im Privatfernsehen. Die These erhärten dürfen in Hamburg Dirk Fischer, CDU-Senats-Spitzenkandidat, und in Erfurt Finanzminister Klaus Zeh.

Zur Auftaktveranstaltung im Münchner Hertie kam dann auch prompt die FJS-Tochter und Kultus-Staatssekretärin Monika Hohlmeier (CSU). Zum Einfluß der Medien auf die Gewalt in den Schulhöfen äußerte sie sich aber erst gar nicht, dafür stellte sie die Einführung von Schulmittagessen an 250 bayerischen Schulen als CSU-Errungenschaft heraus. Kabelkanal-Moderatorin Sonja Zietlow: „Ist doch toll – die Politik tut was.“ Auch der eigene Sender blieb von ihr nicht verschont: „Wir sind ja bekanntlich der gewaltfreieste Privatsender.“

Ob aber die Stimmung innerhalb der „Bino“-Redaktion auch immer nur friedlich und entspannt war, darf bezweifelt werden. Immerhin haben zum 1. Juli der Sprecher und Puppenspieler von Bino, Siegfried Böhmke, und die beiden Redakteurinnen beim Kabelkanal gekündigt – sie arbeiten seither für RTL 2. Damit haben auch die restlichen Mitglieder der Original- „Bim Bam-Bino“-Crew aus Tele 5-Gründerzeiten den Kabelkanal verlassen – diesmal aber freiwillig. Nach der Auflösung von Tele 5 Ende 1992 zugunsten des DSF kaufte der Kabelkanal „Bim Bam Bino“, übernahm aber nur zwei von sieben Redakteuren. Der Rest gründete die Firma Ananas-TV und produziert zur Zeit mit einer frischübergelaufenen Redakteurin die RTL 2-Show „Vampy“. Die Kinder- und Jugendsendung soll im September auf Sendung gehen und handelt von einem vampirartigen Kobold. Natürlich wird Vampy von Ex-Bino-Puppenspieler Siegfried Böhmke gesprochen – ein Fall, der bereits die Anwälte von Kirch und RTL beschäftigt.

Während man sich beim Kabelkanal den Weggang der Original- „Bim Bam Bino“-Truppe mit dem „Mythos der Tele 5-Familie“ erklärt, spielen wohl auch die Ereignisse rund um die Verleihung des „Goldenen Kabels“ für „Bim Bam Bino“ im März eine Rolle. Zur Verärgerung der „Bim Bam Bino“-Macher hatte sich der Kabelkanal den Fernsehpreis als Erfolg auf die eigenen Fahnen geschrieben, obwohl die ausgezeichnete Sendung eine „Best Of“-Version noch aus alten Tele 5-Zeiten war.

Während der Bino-Promotion- Tour im August ist also ein ganz anderer Bino (gesprochen und gespielt vom ehemaligen Kameramann Albert Frische) als im Fernsehen zu besichtigen. Die neue Plüsch-Maus präsentiert sich in flotterem Outfit. Statt Ringelhemd und Latzhose trägt sie jetzt schon mal Rapper-Kluft und Baseball- Mütze. Im Kabelkanal heißt es dazu, Bino solle ab 1994 „älter“ werden und auch „Jugendliche ab 13 Jahre interessieren“. Die „Bino- Tour '93“ bietet dafür einen Vorgeschmack. Statt Gundis Zambo, der bisherigen Moderatorin, ist auch schon die neue, forsche Sonja Zietlow im strengen Model-Look dabei.

Das gealterte Bino-Konzept ist jedoch weniger auf die jungen Zuschauer zugeschnitten als auf die neuen Werberichtlinien der Landesmedienanstalten. Ab 1. Oktober verbieten sie Unterbrecher- Werbung in Kindersendungen. „Bim Bam Bino“ setzt sich deshalb künftig aus lauter eigenständigen Kurzsendungen mit eigenem Abspann zusammen und wird in ein „jugendorientiertes Familienprogramm“ umgestylt. Glück für „Vampy“ – er kommt im September gleich im richtigen Alter zur Welt. Arne Wilsdorff