Japan: Entschuldigung

■ „Tiefes Mitgefühl“ für Kriegsopfer

Tokio (AFP) – 48 Jahre nach seiner Kapitulationserklärung zum Ende des Zweiten Weltkrieges bricht Japan mit der bisherigen Interpretation seiner Kriegsgeschichte. „Ich erkläre mein tiefes Mitgefühl für die Opfer des Krieges und für ihre Familien in den Nachbarstaaten und weltweit“, sagte Ministerpräsident Morihiro Hosokawa von der Neuen Japan- Partei am Sonntag. Japan widersage „ein für allemal dem Krieg als Mittel der Regelung internationaler Konflikte“.

Hosokawa hielt seine Gedenkansprache zum 48. Jahrestag der Kapitulation Japans vor 7.000 Zuhörern im Nippon-Budokan-Saal in Tokio. Auch Kaiser Akihito sprach von seiner „Trauer für das wertvolle menschliche Leben, das während des letzten Krieges verlorenging“. Parlamentspräsidentin Takako Doi wies darauf hin, daß ihr Land nach dem Krieg zwar einen bemerkenswerten Wirtschaftsaufschwung erzielt habe, indessen sei es Japan nicht gelungen, sich mit den Völkern Asiens auszusöhnen.

Japan habe „einen Neubeginn als friedliebende Nation gesetzt“, sagte Hosokawa. Bereits am Dienstag hatte der Regierungschef anerkannt, daß sein Land gegen die anderen asiatischen Staaten vor 50 Jahren einen „Angriffskrieg“ geführt habe. Seine Amtsvorgänger von der Liberal-Demokratischen Partei (LDP) hatten diesen Begriff stets gemieden, um möglichen Wiedergutmachungsforderungen der Kriegsgegner vorzubeugen. Im Zweiten Weltkrieg waren 3,1 Millionen Japaner und rund 20 Millionen Chinesen und Koreaner getötet worden.

Japanische Geschichtsforscher gaben unterdessen am Samstag bekannt, sie hätten in den Kriegsarchiven Belege dafür gefunden, daß ihr Land während des Zweiten Weltkrieges in Geheimoperationen gegen China bakteriologische Waffen eingesetzt habe. So habe beispielsweise ein Jagdbomber der Einheit 731 im November 1941 über der Stadt Changde in der Provinz Hunan pestverseuchte Flöhe abgeworfen, sagte Professor Shnichi Arai von der Universität Surugadai.

Während die meisten Minister der neuen Sieben-Parteien-Koalition die Erklärungen Hosokawas begrüßten, äußerten Justizminister Akira Mikazuki und Landwirtschaftsminister Eijiro Hata Vorbehalte gegen den Ausdruck „Angriffskrieg“. Nach den Wahlen Mitte Juli hatte die Koalition aus konservativen, liberalen und sozialdemokratischen Parteien die seit 1955 alleinregierende LDP abgelöst.

Japanischen Presseberichten zufolge bereitet das Kabinett inzwischen eine Resolution vor, mit der das Parlament sich offiziell bei den Kriegsopfern entschuldigen soll. Hosokawa wolle einen Sonderfonds von umgerechnet 17 Milliarden Mark bereitstellen, aus dem Wiedergutmachungs-Zahlungen geleistet werden könnten, berichtete die Tageszeitung Mainichi in ihrer Sonntagsausgabe. In erster Linie sei an die 200.000 Frauen aus Japan, China und Korea gedacht, die im Krieg zur Prostitution gezwungen worden waren.