: SPD: Ein Durchbruch ist nicht in Sicht
■ Zum Gastkommentar von Thomas Franke, taz 12.8.1993
Liebe taz, das Fazit von Frankes 37er Epistel ist bedrückend. Die SPD stracks auf dem Weg zum Ende der Fahnenstange — wie kann den Männern und Frauenm der SPD deutlich werden, daß sie just zum Vefall der Demokratie beitragen und die parlamentarische Rechte stärken werden? Richtig! Die Partei muß gedanklich noch einmal zum 27.9.91 zurückkehren. Wie heilsam der Gang in die Opposition gewesen wäre, dämmert heute einigen. Das ist damals unmöglich gemacht worden, weil die Abgeordneten von Jäger und Wedemeier einen offenen politischen Verhandlungsprozeß — wie nach den Wahlen in Baden-Württemberg — gleich abgewürgt haben. So entstand ein reines Machtkartell anstelle einer Richtungskoalition. Ein Kartell, von dem sich die CDU beleidigt ausgeschlossen fühlt und deshalb vorsorglich ihre Oppositionsrolle als Vorbereitung der Regierungsbeteiligung begreift. Politische Opposition findet in Bremen nicht statt!
Wollen sich die Genossen als politische Kraft erneuern, so müssen sie all das Personal abstoßen, das schon in der letzten Legislaturperiode heftiger Kritik ausgesetzt war. Unabhängig von der Frage, ob und wie sie an der Regierung beteiligt sind, müssen sie sich jetzt einer Führungsperson unterwerfen, die sich in diesem Dilemma anbietet. Charismatisch betrachtet ist Volker Kröning zwar keine Erscheinung von Fatima, aber er ist möglicherweise der Katalysator, der es der SPD ermöglicht, sich erneut politisch zu konsolidieren. Beklagt die Partei nur, daß es niemanden gibt, dann verhält sie sich — mitten in der zivilisierten Welt — wie die Opfer eines Flugzeugunglücks in den Anden: Sie betreibt Leichenfledderei und
Kannibalismus.
Daß das entstehende Machvakuum immer nur durch solche Lachnummern wie die DVU ausgefüllt wird, bezweifle ich. So ist das sicherlich eine der letzten Weggabelungen, an der unser guter Thomas Theiresias warnend seine Stimme erhebt. Politisch halte ich eine Regierung aus SPD, CDU und FDP für geboten, mit 9 Senatoren ohne Jäger, Wedemeier, Scherf, Lemke und Uhl und mit den Grünen in der Rolle als kräftige Opposition. Andreas Jordan, Friesenstr.
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