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Kabarettisten auf der Couch

■ „Mauschelei auf der Bounty“ beim Summertime-Festival auf Kampnagel

Eigentlich wußten wir es ja schon immer: Den schlimmsten aller Berufe haben die Kabarettisten. Einzeln können sie ihren Leidensdruck vielleicht noch wegstecken, zum Sechserpack vereint aber wird es gefährlich. So scheiterte denn auch schon nach wenigen Minuten der Versuch von Sybille Schrödter, Lisa Pollit und Gunter Schmidt (Herrchens Frauchen), Monty Arnold, Hans Peter Reutter (Dr. Bertie) und Lutz von Rosenberg Lipinsksy, sich auf Kampnagel gemeinsam kalauernd über den Hamburger Wahlkampf auszulassen.

Stattdessen brach am Dienstag bei der Premiere ihres eigens für das Summertime-Festival erarbeiteten Programms Mauschelei auf der Bounty jahrelang angehäufter Künstlerfrust aus ihnen heraus. Kabarettisten sind aber nicht nur bedauernswerte Opfer ihres Berufes, sondern eben auch eine eigene Sorte Mensch. Und so ist es nicht verwunderlich, daß selbst diese öffentliche Therapiesitzung äußerst amüsant geraten ist. Jedenfalls für diejenigen, die gerade einmal nicht als fiese Künstlerfeinde mit Gemeinheiten überzogen werden.

Es ist schon erstaunlich, mit wem Spaßmacherinnen und Spaßmacher sich so herumplagen müssen. Da gibt es die Veranstalter, die kein Geld, keinen freien Termin oder keine Ahnung haben und das Publikum, das auch vor und nach einem Auftritt keine Ruhe läßt. Karrieregeile Kolleginnen und Kollegen ziehen eine „Schleimspur durch alle Betten, die etwas bedeuten“, nicht zu vergessen die zuschußkürzende Kulturbehörde und natürlich die Presse. Was soll man aber auch „von einer Stadt halten, in der die Morgenpost am Abend und das Abendblatt am Morgen erscheint?“

Journalisten sind allerdings nicht so berechenbar, wie einige Kabarettisten vielleicht annehmen. Deswegen wird hier nicht erwähnt, daß auch taz-Kulturredakteur Till B. als kartenschnorrender Abstauber Opfer dieser Sticheleien wurde. Niemand wird ausgelassen, nicht einmal die Darsteller selbst. Schon gar nicht die allgegenwärtigen Sponsoren, die sich als Schokoriegel sogar in den Titel des Programms eingekauft haben.

Manchmal sind die Döntjes leider nur für Eingeweihte nachvollziehbar. Wer im Publikum kennt schon die real existierende Frau Dr. Brauer, die Kabarettisten gegen gutes Geld während der Vorsuppe eines Galadinners auftreten läßt? Und wie, bitte, sollen Außenstehende die Sticheleien über den (Sch-) Wulenfunktionär Kaiser verstehen, von dem kaum ein Heterosexueller je etwas gehört hat?

Einige Szenen wie etwa die erzwungene Bindung von Freddy Quinn und Witta Pohl sind eher etwas für Liebhaber und hätten nicht einmal den „Kampnagel-Öl-Preis“ verdient, den sich die Truppe in Anspielung auf den Sommertheaterpreis einer Ölfirma selbst verleiht. Überwiegend ist die spontane Bündelung der unterschiedlichen und sonst höchstens zu zweit auftretenden Charaktere jedoch gelungen. Sie hat auch musikalisch etwas zu bieten, und das nicht nur mit Tuntenchor-Kostüm-Recycling. Die neue Kabarett-Familie wird dennoch bald wieder getrennte Wege gehen. Weitere Aufführungen lassen schon die vollen Terminkalender nicht zu.

Werner Hinzpeter

noch heute, 21 Uhr, Halle 2

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