: Kambodschanische Farce
■ Politiker hält UN-Mitarbeiter fest
Phnom Penh (AFP/taz) – Ein kambodschanischer Parlamentsabgeordneter, Chheang Vun, hat gestern sechs UN-Mitarbeiter auf seinem Grundstück eingesperrt. Seinen Angaben zufolge waren die Männer in das umzäunte Gelände eingedrungen, um nach gestohlenen UN-Fahrzeugen zu suchen. Der Abgeordnete hatte die UNO- Leute zwar freundlich hereingelassen, dann aber ließ er das Tor verriegeln: Sie kämen erst wieder heraus, sagte er, wenn sie einen amtlichen Durchsuchungsbefehl der Regierung vorlegen könnten – oder sich zumindest entschuldigten. Ersteren hatten die Besucher nicht, und letzteres wollten sie nicht. So saßen sie fast zehn Stunden lang im Garten Chheang Vuns, tranken Coca-Cola und langweilten sich. Dann wurden sie gerettet: Indonesische UN-Soldaten stürmten das Nachbargebäude und deckten die Flucht eines Landsmannes. Das ermutigte die anderen fünf, eine Erklärung zu unterzeichnen, wonach sie ohne Vollmacht gehandelt hätten. Chheang Vun ließ das Tor wieder öffnen: Freiheit!
Ob der Abgeordnete, ein ehemaliges Regierungsmitglied, denn nun tatsächlich ein gestohlenes UNO-Fahrzeug auf seinem Hof geparkt hat, wird nicht berichtet. Möglich wäre es immerhin: Nach Angaben der UNO-Übergangsverwaltung (UNTAC) werden täglich zwei bis drei der weißen Toyotas oder Nissans entwendet. Seit Anfang des Jahres sind der UNTAC bereits über 140 abhanden gekommen. Die 25.000 US- Dollar kostenden Wagen mit Vierradantrieb sind besonders begehrt. Oft halten bewaffnete Männer die Fahrer einfach an und lassen sich die Schlüssel geben. Angesichts der verbreiteten Korruption bei Regierung und Polizei ist wenig erstaunlich, daß bislang noch kaum ein Täter gestellt wurde. Und die UNTAC ist besonders vorsichtig, wenn es sich bei vermuteten Hintermännern um kambodschanische Politiker handelt. li
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