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CDU mißbraucht CDU-Unterschriften

■ Brandenburger Fraktion setzt nichtautorisierte Unterschrift unter CDU-Antrag

Der parlamentarische Geschäftsführer der brandenburgischen CDU-Fraktion, Detlef Kirchhoff, hat offenbar die Unterschriften von zwei seiner eigenen Abgeordneten mißbraucht. Dies behaupteten zwei CDU-Parlamentarier in einem Schreiben an den Brandenburger Finanzminister Kühbacher. Beide erklärten, sie hätten einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in der dem Parlament vorgelegten Form nicht unterzeichnet. Der Antrag, den sie ursprünglich unterschrieben hatten, sei nachträglich verändert und ihre Unterschriften ohne Rückfrage an den neuen Entwurf geheftet worden.

Nach Recherchen der taz handelt es sich bei einem der Abgeordneten um Karl-Heinz Möckel, den kulturpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion. Möckel bestätigte auf Anfrage, dies sei ein „sehr ernster und brisanter Vorgang“. Er forderte gegenüber der taz jetzt personelle Konsequenzen, die auch den Rücktritt des parlamentarischen Geschäftsführers implizieren könnten. Auch ein SPD- Sprecher erklärte der taz: „Das kostet Kirchhoff seinen Kopf.“

Auf einer Fraktionssitzung vor zwei Wochen hatte die CDU-Fraktion beschlossen, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gegen den sogenannten „brandenburgischen Baufilz“ zu beantragen. Dieser Ausschuß sollte – so wurde in dem Antrag festgehalten – zum einen die Vorwürfe gegen die Landesentwicklungsgesellschaft untersuchen.

Der Landesentwicklungsgesellschaft wird vorgeworfen, Gemeinden mit der Zahlung von Fördergeldern unter Druck gesetzt zu haben. Zum anderen ging es in dem Antrag darum, Vorwürfe der Vorteilsnahme und Bestechlichkeit „im Zusammenhang mit Grundstücksangelegenheiten“ gegen Ministerpräsident Stolpe, Innenminister Ziel und den zurückgetretenen Bauminister Wolf überprüfen zu lassen. Dieser Antrag umfaßte zwei Seiten. Die für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nötigen Unterschriften wurden auf der zweiten Seite vorgenommen. Auf dem Antrag, der schließlich dem Parlament vorgelegt wurde, war dann aber zusätzlich der Name des brandenburgischen Finanzministers Kühbacher aufgeführt.

Der CDU-Mann Karl-Heinz Möckel erklärte, daß ihm dieser zweite Entwurf nicht zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Als der streitbare Finanzminister Kühbacher von den Korruptionsvorwürfen hörte, stellte er gegen alle 18 Unterzeichner des Antrages Strafanzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung. Kühbacher erklärte aber, die Anzeige zurückzuziehen, wenn sich die Unterzeichner bei ihm persönlich entschuldigten.

Nach Auskunft seines Pressesprechers sind inzwischen sechs schriftliche Entschuldigungen eingegangen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Kirchhoff, wies gegenüber der taz die Vorwürfe entschieden zurück. Der Name Kühbacher sei noch während der Sitzung in den Antrag eingefügt worden und nicht nachträglich, sagte er. „Und das hat jeder mitbekommen.“

CDU-Fraktionssprecher Merten Johnson erklärte hingegen, es sei üblich, daß Anträge im nachhinein verändert würden. „Nur jetzt hat sich zum ersten Mal einer darüber beschwert.“ Kirchhoff denkt bisher nicht an Rücktritt. Anja Sprogies

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