"Liebe taz ...": Bißchen doof geht nicht
■ zum Leserbrief von Hilde Osthaus-Fahrmann v. 3.9.
Nur ein bißchen doof gibt's eben auch nicht,
beste Friedens-Hilde.
Also ist dein Brief entweder voll doof oder ganz besonders „tricky“. Es gibt vier grüne Prinzipien: basisdemokratisch, sozial, ökologisch, gewaltfrei. Grüne Politik hat mehr Beine als dein pazifistischer Melkschemel, von dem aus du jetzt der Partei an die Zitzen zu greifen versuchst. Und die Welt ist größer als das friedensbewegte Bremer Gemüsegärtlein, wo sich Onkel Rettich und Tante Kamille so konfliktfrei und prächtig vertragen.
Bei den Grünen sind Menschen aus unterschiedlichen Lagern und aus unterschiedlichen Motiven Mitglied. Keineswegs kommen sie alle aus der Friedenbewegung und keineswegs ist es ausgemacht, daß Gegengewalt nur noch mehr Blut fließen macht - im Falle der endlosen Schlachterei in Bosnien schon mal gar nicht. Dort färbt das — eigentlich konsequent pazifistische - Abwarten des Westens alle Flüsse rot.
Die angeblichen Beweise für die Wirkungsmacht der Gewaltlosigkeit sind nur die Glaubenssätze eurer Club-Statuten, die mal hingehauen haben und meistens eben nicht.
Ihr dürft sie euch bei den liturgischen Treffen in eurem politischen Heimatmuseum gerne vorbeten. Und dort dürft ihr auch exkommunizieren, wen ihr wollt. Aber deswegen greift man oder frau im Namen der Moral doch nicht gleich bei den Grünen nach der Macht.
Nee, nee, ihr seid, glaub ich, doch nicht „tricky“. Sonst wüßtet ihr, daß man auf Zähmungsresultate keine Metaphysik erbaut. Zum Trost noch ein paar aufmunternde Worte vom ollen Fontane: „Unter allen Schafsköpfen sind die die größten, die da glauben, daß die „happy family“, wo Maus und Katze in einem Käfig zusammen spielen, das Bild der Zukunftsmenschheit sei“.
Klaus Jarchow, Ex-Grüner
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