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Lob des „Hellenismus“

■ Die Pasok hat ein neues Manifest

Berlin (taz) – Von der „sozialistischen Transformation“ zur „Nationalen Wiedergeburt“ in weniger als zwei Jahrzehnten – die griechischen SozialistInnen machen's möglich. Am vergangenen Wochenende verabschiedete die „Panhellenistische Sozialistische Bewegung“ (Pasok) ein neues Manifest. Rechtzeitig vor den nächsten Wahlen – die zwischen November und April stattfinden werden – lehnt die oppositionelle Partei darin „die Rolle des netten kleinen Landes“ auf dem Balkan ab. Im Hinblick auf die angebliche „türkische Bedrohung und Expansion“ ruft die Pasok, der Meinungsumfragen die meisten Wählerstimmen prognostizieren, zur „Verteidigung und Entwicklung des Hellenismus“ auf.

Die Pasok verabschiedet sich damit von den Prinzipien ihrer Gründung im September 1974. Damals – die Militärdiktatur war gerade zwei Monate zu Ende – hatte der frisch aus dem Exil zurückgekehrte Andreas Papandreou das radikalste sozialistische Parteiprogramm Westeuropas geschrieben. Es war gegen Nato und EG und für die „Zerschlagung des Kapitals“ und die „Vergesellschaftung des Kircheneigentums“. Heute bejaht dieselbe Partei unter demselben Führer alle Bündnisverpflichtungen Griechenlands, singt ein Loblied auf die Privatinitiative und bezeichnet die „orthodoxe Identität“ als „Element der nationalen Kultur“.

Treu geblieben ist die Pasok freilich dem Chauvinismus, der ihre Außenpolitik von Anfang an auszeichnete. In der Zeit des Kalten Krieges kannte sie nur einen „Hauptfeind“: die Türkei. Inzwischen ist der erst vor zwei Jahren gegründete Nachbarstaat Makedonien zum zweiten Hauptfeind avanciert. „Niemals werden wir einen Staat anerkennen, der das Wort Makedonien im Namen trägt“, versicherte Papandreou am Wochenende – und sprach damit aus, was ein großer Teil seiner Landsleute denkt.

Während Papandreou jedoch noch an seiner Wahlkampfstrategie bastelt, ist der andere Gegenspieler von Regierungschef Konstantin Mitsotakis bereits in die Offensive gegangen. Antonis Samaras – bis zum vergangenen Jahr Außenminister und größter nationalistischer Scharfmacher der konservativen Regierung, jetzt Chef des neu gegründeten „Politischen Frühlings“ – forderte am Montag abend die ihm nahestehenden Parlamentarier auf, die Regierungspartei zu verlassen.

Das offizielle Athen reagierte aufgeregt. Sonderprogramme in Funk und Fernsehen prognostizierten den nahen Sturz der Regierung. Sollten – wie von Samaras erwartet – mindestens vier Abgeordnete der „Nea Demokratia“ den Mut aufbringen, sich zu bekennen, wäre Mitsotakis tatsächlich am Ende: Von den 300 Parlamentssitzen hält seine Partei nur die hauchdünne Mehrheit von 152. Dorothea Hahn

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