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Außerhalb der Käseglocke

■ "Tagesthemen"-Moderatorin Sabine Christiansen kommt als WDR-Reporterin

Sabine Christiansen tauscht die Rollen: Für sechs Auslandsreportagen („Bericht: Sabine Christiansen“), die ab heute wöchentlich in der ARD zu sehen sein werden, hat sie den „Tagesthemen“-Schreibtisch in Hamburg verlassen. Ein Schritt der 35jährigen Journalistin, der nicht ohne Risiko ist, da doch ihre Prominenz die Neugier des Publikums mehr auf die debütierende Reporterin selbst als auf den Inhalt der Berichte lenkt. „Was widerfährt einem Menschen, der da Abend für Abend sein Gesicht hinhält und dann selbst rausgeht zu den Schauplätzen?“ fragt sich nicht nur Ulrich Harbecke, Redakteur beim Auftraggeber Westdeutscher Rundfunk (WDR).

Sabine Christiansen gibt sich auch nach den jeweils 14tägigen Drehreisen, nach denen sie immer wieder zur „Tagesthemen“-Moderation nach Hamburg zurückkehrte, kühl: „Ich verspüre überhaupt keine Unlust auf die Schreibtischarbeit. Aber sie ist natürlich ein bißchen einseitig. Ich gehe nun noch weniger mit dieser Käseglockensicht an die Themen heran.“ Daß ModeratorInnen von Nachrichtensendungen sich als ReporterInnen präsentieren, wie das in den USA üblich ist, wird nach Meinung von Christiansen auch in Deutschland Zukunft haben, schon deshalb, weil „dies unsere Glaubwürdigkeit unterstreicht“.

Aber so ganz scheint man der Reporterin Christiansen im eigenen Haus den Erfolg nicht zuzutrauen; denn mit der Sendezeit (donnerstags, 16.03 Uhr) ging man dem großen Publikum aus dem Weg. Harbecke sieht darin keinen Nachteil: Die Ausstrahlung am Tage ermögliche eine von der üblichen Auslandsberichterstattung abweichende Perspektive.

Tatsächlich bemüht sich Sabine Christiansen um eine persönliche Handschrift bei ihrer ersten Reportage-Reihe aus Krisengebieten wie Tibet, Burma und Guatemala, Sizilien oder dem Libanon. Im ersten Teil („Gloria und die Gangster“) beschreibt sie die Stimmung in South Central, dem Stadtviertel von Los Angeles, in dem vor 16 Monaten nach dem ersten Urteil gegen weiße Polizisten im Rodney- King-Fall schwere riots ausbrachen. Sabine Christiansen und Mit- Autor Theo Baltz (der freilich nicht vor die Kamera tritt) bemühen sich, in dem Elend der Bevölkerung Hoffnungsschimmer aufzuspüren.

Da ist der ehemalige Gangsterboß Tony, der einen Waffenstillstand zwischen den großen Jugendgangs in South Central vermittelte; und da ist Gloria, der schwergewichtige „Engel vom South Park“, der mehr als die Hälfte seiner Rente für kostenlose Mahlzeiten für die Obdachlosen ausgibt. Hierdurch will sich Sabine Christiansen von der Arbeit der Auslandskorrespondenten abheben: Keine der sechs Reportagen soll gewichtige Analysen liefern, sondern „Begegnungen mit Menschen zeigen, die sich mit Eigeninitiative immer wieder behauptet haben“. Also sieht man die Reporterin, die als „Tagesthemen“-Moderatorin „zumeist wie imprägniert gegen den täglichen Wahnsinn der globalen Schreckensnachrichten“ (Harbecke) scheint, in der Küche von „Engel“ Gloria Gemüse putzen – als Gegenleistung für das gewährte Interview. Immerhin verflüchtigt sich beim Betrachten der ersten Folge der auch von Harbecke eingestandene Zweifel, hier könne das Elend der Welt „Kulisse für den Tournee- Auftritt eines Fernsehteams sein, das einen kontrastreichen Hintergrund für den Star aus Deutschland braucht“. Thomas Gehringer

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