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Globale Krise

■ betr.: „Keine Insel der reichen Se ligen“, taz vom 2.9.93, und „Nehmt den Bauern die Mistgabeln!“, taz vom 3.9.93

[...] Man muß sich schon daran stoßen, daß, wenn alles so weiter geht und die Uruguay-Runde scheitert, daß Gatt-Vertragswerk in seiner Gesamtheit auf der Kippe stehen wird und Handelskriege am Horizont heraufbeschwört werden, welche nicht nur unsere export-orientierte Wirtschaft ins absolute Chaos stürzen könnten, sondern insbesondere die Entwicklungsländer mit ihren machtlosen Hebelstümpfen vollends aushebeln würden. Eine wirtschaftsliberalistische Behauptung, der ‘Weltfrieden' sei in der Nachkriegszeit primär durch das Zusammenspiel von Gatt, IWF und Weltbank ‘gesichert' worden, besitzt weit mehr Kredibilität als es wertkonservative Abschreckungstheorien je hatten.

Man muß sich desweiteren schon daran stoßen, daß, wenn alles so weiter geht und die Uruguay- Runde mit französischem Agrarsegen doch noch zum erfolgreichen Abschluß kommt, der deutsche Sozialstaat im rauhen Wind fast uneingeschränkten internationalen Wettbewerbs nicht mehr zu halten ist. Noch mobiler gewordenes Kapital [...] wird in noch verstärktem Maße seine Renditen supranational dort suchen können, wo diese am größten sind, und hier spielen nationale direkte Kosten (Besteuerung, Zinsniveau) und indirekte Kosten (Lohnniveau, Sozialabgaben, Arbeits- und Umweltstandards) eine gewichtige Rolle — die beiden Beiträge von Donata Riedel reichen sich die Hand und beweisen Konsistenz.

„Heißt dies, daß die Einsicht ‘Wir leben auf Kosten der Dritten Welt' und das neue Kohlsche Statement ‘Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt' sich ebenfalls die Hand reichen, wie es in Donata Riedels Beiträgen anklingt? Ein 8. Gatt-Abkommen kann zwar eine vorläufige Lösung der momentanen globalen Akkumulationskrise darstellen, indem es eine neue Runde weltumspannender Investitionstätigkeit auslöst, jedoch wird dies gerade im Agrarsektor auf der Basis eines gesteigerten sozialen und ökologischen Raubbaus geschehen insbesondere in den Entwicklungsländern und nicht nur dort. So übergeht Donata Riedel auch, daß die 3 Prozent Bauern in der BRD über 50 Prozent der Landschaftsfläche bewirtschaften. Im Industriesektor werden die Konsequenzen ebenso gravierend sein, [...] während umgekehrt in den Industriestaaten die Spaltung zwischen hochqualifizierter Elite und unterqualifizierter, dem Konkurrenzdruck des Arbeitsmarktes machtlos ausgelieferter und sozial unzureichend abgesicherter Unterschicht in der Nachkriegszeit nicht gekannte Ausmaße nehmen wird. Die sozialen Probleme der Dritten Welt werden massiv in die Industriestaaten hineingetragen werden. Der kürzliche Versuch den Flächentarifvertrag über die Schiene Ost in der Bundesrepublik zu kippen, fügt sich nahtlos in das Bild ein. Fazit: Mit einer weiteren Liberalisierung des Weltmarktes lassen sich die heutigen globalen Probleme nicht lösen, während der Nationalökonomie schon längst die Hände gebunden sind. [...]

Für eine grundlegende Reform des globalen Regulationsmodus müßte der momentane Zeitpunkt eigentlich günstig sein: noch nie war die globale Krise in solchem Maße weltumspannend wie heute. Von den Entwicklungsländern gar nicht erst zu reden, sitzt Europa und Nordamerika ein Manchesterkapitalismus á la 19. Jahrhundert im Nacken, Osteuropa kommt und kommt nicht auf die Beine und selbst Japan wid mittels der beständigen ‘High-Yen-Crisis' zum ersten mal von der globalen Rezession schmerzhaft heimgesucht, wobei deutliche Zeichen ein beginnendes Auseinanderbrechen der soziokulturellen gesellschaftlichen Einheit Japans anzukündigen scheinen. [...] Burkhard Remppis, Heidelberg

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