■ Kommentar
: Warten auf den Kollaps

Die einen begreifen Kulturpolitik als Aphrodisiakum für das Liebesspiel von Wirtschaft und Kultur (FDP), die nächsten schmücken ihr eigenes Banausentum mit fremden Federn (SPD) und die Partei mit Gottes „C“ im Namen wünscht sich die Kultur zurück unter den Talar. Wer sich Gisela Wilds Erkenntnis „Ohne Kultur ist der Mensch arm“ zu Herzen nimmt, der hat am Sonntag keine Wahl. Denn bei Hamburgs Parteien sitzt die Kultur noch nicht einmal am Katzentisch. Konzepte, wie man den Sparzwang als Anlaß für strukturelle Veränderungen nutzen könnte, fehlen völlig.

Vielmehr steckt hinter dem Gerede vom „Wirtschaftsfaktor Kultur“ oder von der „Kulturmetropole des Nordens“ ebenso wie bei der Ignoranz der GAL nach wie vor die Vorstellung, Kultur sei ein Luxusgut und somit die Melksau der Nation. Kommerzialisierung oder Verkarstung der kulturellen Landschaft sind die politischen Alternativen, welche die Parteien bieten. Zwar prägen Schlagworte wie „kulturelle Identität“ und „Multikulturalität“ die politischen Debatten, aber über die sinn- und identitätsstiftenden Möglichkeiten von Kunst nachzudenken – dieser Herausforderung stellt sich keine Partei.

Einsame Lacherin über dieses jämmerliche Bild dürfte Christina Weiss sein. Die parteilose Kultursenatorin ist unangefochten und so komödiantische Vorschläge, wie Carl Vogel zum neuen Präses zu machen (STATT-Partei), dürften ihre Position nur noch verstärken. Überlegungen über Strukturreformen hat man allerdings auch von ihr noch nicht gehört. Handlungsbedarf resultiert scheinbar auch in der Kulturpolitik nur aus Katastrophen. Till Briegleb