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Statt Läusepension ein eigenes Zimmer

In der Bundesrepublik einmaliges Wohnprojekt für acht Aidskranke in Kreuzberg eröffnet / Finanzierung der Einrichtung soll erstmalig über Sozialhilfe-Tagesssätze erfolgen  ■ Von Julia Naumann

Gabi E. ist 36 Jahre alt und HIV-positiv. Die Hälfte ihres Lebens hat sie mit Anschaffen, Drücken und Entziehen verbracht. Sie hat in Pensionen gewohnt, manchmal auf der Straße oder vorübergehend in einer eigenen Wohnung. Die letzte Wohnung hat sie verlassen, weil ihr Freund gewalttätig wurde und das gesamte Mobiliar zertrümmerte. Gabi E. hat Glück gehabt: Seit einer Woche hat sie ein Zimmer in einem neuen Wohnprojekt von zik (Zukunft im Kiez GmbH) in der Dessauer Straße in Kreuzberg, das Gesundheitssenator Peter Luther (CDU) gestern eröffnete. Zik, 1989 gegründet, versucht Wohnraum für Aidskranke zu beschaffen.

Im zweiten Hinterhof des gerade erst fertiggestellten IBA- Hauses leben auf drei Etagen insgesamt acht aidskranke Menschen. Jeweils zwei teilen sich Bad und Küche, außerdem gibt es einen großen Gemeinschaftsraum. Drei SozialpädagogInnen betreuen die BewohnerInnen – die meisten kommen aus Psychiatrie und Gefängnis oder waren obdachlos.

Einmalig bisher in Deutschland ist die Finanzierung des Projektes: Ab 1994 sollen die Kosten für MitarbeiterInnen und Sachmittel nach dem Bundessozialhilfegesetz über Tagessätze finanziert werden. „Das gab es bisher nur für Bedürftige, die beispielsweise in Alterswohnheimen leben“, erzählt zik- Mitarbeiterin Petra Klesch, „nicht aber für Aidskranke.“ Im April hat zik, die in den letzten vier Jahren schon Wohnungen an 123 Aidskranke vermittelte, beim Gesundheitssenat die Tagessatzfinanzierung beantragt.

Eine endgültige Zusage der Sozialsenatorin Stahmer (SPD) steht allerdings noch aus, aber Projektleiter Christoph Labuhn „ist sich 99 Prozent sicher, daß da nichts dazwischenkommt“. Bei der endgültigen Realisierung des Projektes haben die Mühlen der Behörden ausnahmsweise einmal schnell gemahlen.

Christoph Labuhn: „Der Gesundheitssenat hat uns zwei Tage nachdem wir den Antrag gestellt haben, eine Zusage für eine erste Anschubfinanzierung von 150.000 Mark gegeben.“ Davon wurden Möbel für die BewohnerInnen und Büro angeschafft. Auch ein Bus steht für Ausflüge und Einkäufe zur Verfügung. Insgesamt fördert die Gesundheitsverwaltung zik in diesem Jahr mit rund 580.000 Mark, etwa zehn Prozent des für Selbsthilfegruppen im Aids-Bereich vorgesehenen Etats. Die Nationale Aids-Stiftung unterstützte das Wohnprojekt ebenfalls mit 24.000 Mark.

Rund 600 Mark müssen die BewohnerInnen, die alle von der Sozialhilfe leben, monatlich für Miete und Strom zahlen. „Das ist recht hoch, aber immer noch billiger für den Staat als 50 Mark pro Nacht in einer Obdachlosenpension“, sagt zik-Mitarbeiterin Winnie Wendt. Mit Pensionsplätzen hat auch Gabi E. schlechte Erfahrungen gemacht: „Die sind zum Teil total menschenunwürdig.“ Fünf Leute in einem Zimmer seien keine Seltenheit, erzählt Gabi E.; außerdem sei es in einer Pension sehr schwer, vom Heroin wegzukommen. „Wenn dann direkt jemand neben dir sich 'ne Spritze reinknallt, dann fängste natürlich auch wieder an.“ Auch aus diesem Teufelskreis ist Gabi jetzt heraus: In der Dessauer Straße werden die drogensüchtigen BewohnerInnen mit Polamethon substituiert.

Das Krankenpflege-Team „Felix“ der Aids-Hilfe betreut die BewohnerInnen stunden-und tageweise. „Hier sind immer sieben Leute im Einsatz“, sagt Pfleger Ottokar Heurig. „Felix“ stehe aber auf der „Abschußliste“ der Sozialsenatorin, die keinen „genügenden Bedarf für Aids-Pflege“ sehe. „Wenn wir keine Krankenkassenzulassung bekommen, können wir zumachen“, sagt Heurig. Dann sieht es für zik schlecht aus: Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) habe die Pflege der acht BewohnerInnen abgelehnt.

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