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„Eisprinzessin“ im Treppenhaus

■ Jüngstes Theatermärchen von F.K. Waechter in Hannover uraufgeführt und gefeiert

„Ich falle mit heißen Küssen über dich her, daß du taust und schmilzt und niedersinkst.“ Lüstern buhlt der König von Sizilien um die Gunst der Eisprinzessin. Die Angebetete aber widersetzt sich dem drängenden Werben. Wie es dem Liebeshungrigen schließlich gelingt, die Umschwärmte für sich zu gewinnen, davon erzählt Friedrich Karl Waechter in seinem Bühnenstück „Die Eisprinzessin“. Am Samstag wurde das Theatermärchen im Treppenhaus der Cumberlandschen Galerie in Hannover uraufgeführt. Das Premierenpublikum feierte Schauspieler und Autor mit frenetischem Beifall und Bravorufen.

Der 1937 geborene F.K. Waechter - Zeichner, Kinderbuchautor, Stückeschreiber und Regisseur in einer Person — hat sein Märchen von der Eisprinzessin für die ungewöhnliche Bühne in der verfallenden Galerie als Zwei-Personen-Stück inszeniert. Das Treppenhaus wird zur Hölle. Des Teufels Großmutter erscheint als Putzfrau und erzählt von der Liebe des Königs von Sizilien zur Prinzessin des Nordens. Verena Reichhardt, bewährte Waechter-Protagonistin, schlüpft prächtig putzend, spielend und singend in die Rollen der höllischen Oma, des heißblütigen Monarchen und der anfangs spröden Prinzessin aus dem kühlen Norden.

Der Teufel, gespielt vom Frankfurter Theatermusiker Arni Arnold, werkelt derweil als Hausmeister im unteren Geschoß des sanierungsbedürftigen Gebäudes. Aus seinem Klopfen, Feilen, Hämmern und Scheppern entsteht eine Höllenmusik, die die Erzählung der wischenden, schrubbenden und polierenden Großmutter begleitet.

„Was mach' ich falsch?“, fragt der von der eitlen Eisprinzessin abgewiesene König. „Alles“, entgegnet die Großmutter des Teufels. Drei Jahre dient ihr der Verliebte in der Hölle. Dann hat er die Kunst der Verführung gelernt. Als sizilianisches Mädchen verkleidet gelingt es dem König, die ehedem kühle Schönheit des Nordens zum Schmelzen zu bringen. Das Liebesmärchen findet ein Happy-End.

Und das Glück, so erfahren die mit wärmenden Decken versorgten Zuschauer im ungeheizten Treppenhaus der Cumberlandschen Galerie, kann etwas sehr Konkretes sein. „Was ist unter deinem Bauch? Es ragt hervor“, will die unwissende Eisprinzessin vom maskierten König wissen. „Das ist das Glück“, belehrt sie der listige Verführer. „Bei manchen Mädchen ragt es vor, bei manchen ragt's zurück.“

Kai Portmann, dpa

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