: Dem Leiden einen späten Sinn geben
■ CCH: Tagung über Kinder als Kriegsopfer / Lehren aus dem Holocaust
Eine Tagung, die dem Leiden von Millionen Kindern „nachträglich einen Sinn verleihen soll“. Dies wünschte sich gestern Professor Peter Riedesser (Direktor der UKE- Abteilung für Jugendpsychiatrie), Initiator des Kongreß „Kinder als Opfer von Krieg und Verfolgung“, der am Sonntag im Hamburger CCH begann. Rund 500 Fachleute aus aller Welt beraten dort bis Mittwoch über die Themen „Kinder des Holocaust, Kinder als Opfer in internationalen Kriegsgebieten und Kinder im Exil“.
„Wir wollen aufdecken, was die Naziherrschaft in der 2. und 3. Generation an Leiden hinterlassen hat“, so Riedesser. Der Austausch darüber müsse den Flüchtlingskindern zugute kommen. Herausfinden wollen die Experten, welche Faktoren sich besonders schädlich auswirken und welche den Kindern helfen, ihre Identität zu erhalten.
Allen gemeinsam sei das Schweigen, erklärt die Psychologin Judith Kerstenberg, die in New York mit Kindern von Holocaust-Opfern arbeitet: „Verfolgte können nicht über das Erlebte sprechen.“ Diese Erfahrung bestätigt Dr.Hubertus Adam, Riedessers Mitarbeiter am UKE. Dort ist seit etwa zwei Jahren ein Forschungsprojekt im Aufbau, das sich mit Flüchtlingskindern beschäftigt. „Die Kinder können sich zwar der neuen Situation anpassen“, so Adam, „aber die innere Auseinandersetzung mit sich und den Eltern bringt sie in großen Streß.“ Eine Beobachtung, die auch Dr. Gertrud Würbel in einem österreichischen Flüchtlingslager für Bosnier machte: „Die Mütter können in ihrer Verzweiflung den Kindern nicht gerecht werden.“ Diese seien ausgehungert nach Zuneigung, aber auch extrem aggressiv.
Welche Gefühle israelische Kinder von Nazi-Opfern noch heute quälen, beschreibt Professor Dan Bar-On. Als er nach Deutschland abreiste, habe ihm ein ein junges Mädchen gesagt: „Frage, ob sie in ihren Träumen töten wollen, wie ich in meinen Träumen sterben will.“ sako
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