Nur historische Quelle?

■ Hamburg-Premiere der Langzeitdokumentation Drehbuch: Die Zeiten

Es gibt nicht viele Filme, die sich damit schmücken können, als eine besondere Leistung im Guiness- buch der Rekorde eingetragen zu sein. Der Film Drehbuch: Die Zeiten, von Barbara und Winfried Junge kann sich rühmen, als die den längsten Zeitraum erfassende Dokumentation der Filmgeschichte in diesem Buch der Rekorde einen Eintrag ergattert zu haben.

Es war der 28.August 1961, 15 Tage nach dem Beginn des Berliner Mauerbaus, als Winfried Junge, damals 26 Jahre alt und gerade erst die Filmhochschule in Babelsberg absolviert, im Brandenburgischen Dorf Golzow begann, 13 Erstklässler filmisch durch ihr Leben zu begleiten. Durch ein Leben in der Deutschen Demokratischen Republik bis nach der Wende und deren Folgen – bis 1992.

Etwa Jochen: Zuerst als Siebenjähriger, wie er geknickt eine Fünf entgegennimmt, dann später in seinem erlernten Beruf als Melker und Jochen heute – ein wohl typisches Schicksal aus dem Beitrittsgebiet – als Arbeitsloser.

Die Stärken des 284minütigenn Werkes liegen in der Einmaligkeit als historische Quelle, im erfüllten Anspruch „oral history, also Geschichte von unten, zu schreiben. Schwächen offenbart der Film in der Kommentierung von Barbara und Winfried Junge, die unentwegt versuchen den vormaligen DDR-Menschen als naturliebender, solidarischer, halt als überhaupt besser, darzustellen und dabei in „eine Art Ethno-Romantik verfallen, wie sie von Einigen auf afrikanische Gesellschaften projiziert wird“ (Miriam Niroumand, taz-Bundesteil, 20. Februar 1993).

In Anwesenheit von Barbara und Winfried Junge findet am 1. Oktober im Metropolis-Kino die Hamburg-Premiere statt.

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