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Unterm Strich

Die vietnamesische Schriftstellerin Pham Thi Hoai (33) wurde für ihren Roman „Die Kristallbotin“ am Sonntag in Frankfurt am Main mit dem„Literaturpreis“ 1993 ausgezeichnet. Schlappe 1.000 Mark beträgt die – weiß Gott – symbolische Preissumme. Hiesige SchriftstellerInnen dürfen da mit ganz anderen steuerfreien Summen abziehen. Andere Preise, andere Preise. Immerhin macht eine Frankfurter ökumenische Intiative damit auf das Schaffen von Autorinnen aus der sogenannten Dritten Welt aufmerksam. In „Die Kristallbotin“ stellt Pham Thi Hoai – die auch als Übersetzerin Grass, Kafka und Dürrenmatt ins Vietnamesische übertrug – die Geschichte einer Familie im heutigen Vietnam dar. Erzählerin ist eine von zwei sehr unterschiedlichen Schwestern, die mit abgeklärtem und nachdenklichem Humor die Welt um sie herum beschreibt.

Und nochmal Frankfurt. Der neue Opernchef Sylvain Cambreling sieht sich als Mann der Moderne. „Es ist anormal, nicht modern zu sein“, meint der 44jährige vor seiner ersten Premiere am städtischen Musiktheater. Es geht um so etwas wahnwitzig modernes wie Alban Bergs Oper „Wozzek“. Aber schließlich gilt: „,Wozzek‘ ist eine der wichtigsten Opern.“ So der von Brüssel nach Frankfurt gewechselte künstlerische Intendant. Weitere zeitgenössische (?????) Werke, um die sich Cambreling verdient machen will: Leos Janacek, Bela Bartok, Richard Strauss und Claude Debussy. Ansonsten darf der neue Mann sparen, was sonst.

Und Frankfurt, Frankfurt, zum dritten. Erstmals werden auf der weltweit größten Literaturmesse auch „elektronische Bücher“ unter den 355.000 gedruckten Titeln zu finden sein. Schließlich, so eine neue Frankfurter Weisheit, ist es anormal, nicht modern zu sein. Unter dem Motto „Elektronisches Publizieren“ werden in einer gesonderten Halle Videos, CD-Disketten, komplette Datenbanken und ganze PC-Areale aufgebaut und der fünfeinhalbtägigen Veranstaltung ein besonderes Gepräge geben. Apropos andere Preise: Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ist mit 25.000 Mark dotiert. Er wird an den Wittenberger Pfarrer Friedrich Schorlemmer vergeben. Die Laudatio auf den Mitbegründer der Bürgerbewegung „Demokratischer Aufbruch“ in der früheren DDR hält Bundespräsident Richard von Weizsäcker.

Ob er den 49jährigen Friedrich Schorlemmer, wie dpa, einen „streitbaren Geist aus der Lutherstadt Wittenberg“ nennen wird, ist heute nicht vorherzusagen. Sicher wird er bemerken, daß Schorlemmer sich schon zu DDR-Zeiten immer wieder politisch einmischte. Einsprechen, widersprechen, mitgestalten, das will Schorlemmer auch weiterhin, „ohne Politik zu klerikalisieren oder Kirche zu politisieren“. Dazu ist sein aktuelles Buch „Freiheit als Einsicht – Bausteine für die deutsche Einheit“ ein Beitrag.

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