piwik no script img

Nichts fürs Herz und wenig Konkretes

Die Teilnehmer des zweiten Nahost-Gipfels gaben sich nach der Begegnung zugeknöpft / An das Gaza-Jericho-Abkommen knüpfen sich kontroverse Erwartungen  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Wer einen neuerlichen Händedruck zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin und dem PLO-Chef Yassir Arafat erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Bei dem zweiten Gipfeltreffen der beiden Politiker gestern in Kairo blieb diese symbolische Geste aus, die vor drei Wochen als Foto um die Welt gegangen war.

Von Anfang an hatte Rabin kein weiteres Interesse an einem großen öffentlichen Spektakel gezeigt. „Es war ein guter Start“, verkündete er lediglich nach dem Treffen, an dem zu Beginn auch der ägyptische Präsident Hosni Mubarak teilgenommen hatte.

Ziel des Treffens sollte es sein, die näheren Bestimmungen des vor drei Wochen in Washington unterschriebenen Gaza-Jericho- Abkommens zwischen der PLO und der israelischen Regierung auszuhandeln. Als unmittelbares Ergebnis des israelisch-palästinensischen Gipfels wurden nun der Ort und der Zeitpunkt für die Sitzungen von zwei Komitees festgelegt, die Teil des Gaza-Jericho-Abkommens sind.

Die erste Begegnung wird am nächsten Mittwoch im ägyptischen Taba unmittelbar an der israelischen Grenze stattfinden. Dort soll der genaue Verlauf des Rückzugs der israelischen Armee bestimmt werden. Das zweite Komitee, das allen anderen im Jericho-Gaza- Abkommen festgelegten Gremien vorsteht und diese koordinieren und überwachen soll, wird ebenfalls nächste Woche in Kairo zusammenkommen.

Hinsichtlich der drei anderen im Gaza-Jericho-Vertrag festgelegten Komitees gibt es noch keine näheren Absprachen. Eines davon soll die Wahl zum Selbstverwaltungsrat der Palästinenser vorbereiten, möglicherweise von Washington aus. Über die Arbeit der im Vertrag festgelegten Wirtschafts- und Sicherheitskomitees ist nichts Näheres bekannt.

Arafat bezeichnete das Treffen in Kairo insgesamt als „nützlich“ und kündigte die Bildung eines weiteren Gremiums an, das sich mit einer Lösung der Frage Jerusalems befassen soll.

Nach dem Treffen verbleiben noch zahlreiche Unklarheiten, die kontroverse Interpretationen des Gaza-Jericho-Abkommens widerspiegeln. Bereits vor dem Treffen wurden die unterschiedlichen Erwartungen der beiden Seiten deutlich. „Wir wollen alle Illusionen und Mißverständnisse ausräumen“, lautete die vom Sprecher der israelischen Regierung ausgegebene Parole. Mit anderen Worten: Man sollte von dem Treffen nicht allzuviel erwarten.

Die palästinensische Seite hatte dagegen bereits konkrete Anliegen hinsichtlich der Palästinenser in israelischen Gefängnissen und der seit 1967 Deportierten. Die israelische Armee soll ihr Vorgehen in den besetzten Gebieten ändern, vor allem sollen sich künftig Ereignisse wie die in Gaza in der letzten Woche nicht mehr ereignen. Im PLO-Hauptquartier in Tunis und in den von Israel besetzten Gebieten war von „vertrauensbildenden Maßnahmen“ die Rede. Die israelische Seite beharrte dagegen darauf, daß diese Fragen in den noch zu gründenden Komitees behandelt werden sollen.

In einem in der Jerusalem Post veröffentlichten Interview versucht Rabin weiter, die palästinensischen Erwartungen zu dämpfen. „Wenn die Palästinenser glauben, daß in Zukunft Zehntausende von ihnen zurückkehren werden, dann träumen sie“, heißt es darin.

Rabin schlägt außerdem syrisch-israelische Geheimkonsultationen nach dem Muster der Osloer Gespräche vor, um den festgefahrenen syrisch-israelischen Dialog wieder in Gang zu bringen. In Washington äußerte sich der syrische Außenminister Faruq Scharaa dagegen skeptisch zu jeglicher Art von geheimen oder öffentlichen Gesprächen. „Entweder gibt es Gespräche, in denen Fortschritte in den israelisch-syrischen und israelisch-libanesischen Fragen erzielt werden, oder es gibt eben keine Gespräche“, erklärte er unmißverständlich nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen Warren Christopher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen