: „Schröder verhandelt nur für Bundes-SPD“
■ Umwelt-Staatssekretär Horn über den „Energiekonsens“ und die Folgen für Rot-Grün
taz: Wie beurteilen Sie den sogenannten „Energiekonsens?“
Horn: Ein verantwortbares Handeln eines Energie-Kompromisses kann nur gelingen, wenn ganz gezielt auf den Ausstieg aus der Atomenergie hinverhandelt wird. Die vorliegenden Veröffentlichungen, offizielle Dokumente liegen auch mir nicht vor, haben nichts mit einem Ausstieg zu tun, sondern sind für mich ein klares Wiedereinstiegspapier. Beispielsweise die scheinbar vereinbarte neue Reaktorlinie: Ende August habe ich mit Atomexperten der Öffentlichkeit eine Bewertung vorgestellt, daß die neuen — als sicher gepriesenen — Reaktoren das Risiko eines GAU nicht aussschließen können.
Es gibt keine wesentliche Verbesserung der Sicherheit. Nach
hier bitte
der Mann mit Bart
Tschernobyl sind neue Atom- Optionen schlichtweg unverantwortbar.
Macht das vorgesehene Moratorium für das Endlager Gorleben Sinn, wo das Umweltministerium überall den Standort als völlig ungeeignet darstellt?
Im Gegensatz zum ersten Konsenspapier hat beim Standort Gorleben eine Mutation stattgefunden. Die damalige Schröder/ Veba-Initiative hatte in völliger Übereinstimmung zur Koalitionsvereinbarung das Aus festgelegt.
Jetzt ist diese Position lediglich zu einem zeitlichen Aussetzen aufgeweicht worden. Dies halte ich angesichts der Vielzahl der vorliegenden sicherheitstechnischen und geologischen Erkenntnisse für unverantwortbar.
Stellt die im Zuge der Konsensverhandlungen festgelegte zügige Genehmigung des Atommüllendlagers Schacht Konrad, die großen Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Standortes in Frage?
Für das Umweltministerium ist eindeutig, daß wir durch eine parteipolitische Vereinbarung überhaupt keine Abstriche an der in Hülle und Fülle vorhandenen wissenschaftlichen Bedenken machen. Schacht Konrad wäre nur genehmigungsfähig, wenn diese Bedenken ausgeräumt würden. Darauf deutet derzeit nichts hin. Ich gehe auch noch davon aus, daß es nicht zum Abschluß der Konsensgespräche kommt, daß der Verhandlungsführer Gerhard Schröder dem richtigen Beispiel Joschka Fischers folgen und von den Verhandlungen ausziehen wird.
Wenn Ministerpräsident Gerhard Schröder das Konsenspapier in der jetzigen Form unterschreibt, verstößt er gegen die rot-grüne Koalitionsvereinbarung. Steht in Niedersachsen rot-grün dann vor dem Ende?
Ich möchte zuerst in Erinnerung rufen, daß Gerhard Schröder nicht als niedersächischer Ministerpräsident am Verhandlungstisch saß, sondern in der Funktion als Verhandlungsführer der Bundespartei SPD. Der grüne Koalitionspartner hat keine Befugnis, Schröder bei seinem parteilichen Handeln zu zensieren.
Für die niedersächsische Koalition sehe ich natürlich mittelbare Auswirkungen, da die Koalition mit einer neuen Lage konfrontiert würde.
Fragen: Bruno Niehoff
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