: Hungerstreik im Knast
■ Nordzypern: Berliner bleibt in Haft
Die Kriegsdienstgegner Martin Hantke aus Berlin und Andreas Rabl aus Graz müssen vorerst weiter in ihrer Zelle in Nordzypern ausharren. Die beiden waren als Beobachter zu einem Kriegsdienstverweigerer-Prozeß in die Hauptstadt Lefkoșa (Nikosia) gereist und vor einer Woche verhaftet worden, als sie Flugblätter verteilten. Aus Protest seien sie jetzt in einen Hungerstreik getreten, teilte Pfarrer Stefan Frielinghaus von der Berliner Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär gestern mit.
Erst am Freitag lehnten die türkisch-zypriotischen Behörden eine Freilassung auf Kaution ab und setzten einen neuen Haftprüfungstermin an. Begründung: Man müsse noch nach „Hintermännern“ forschen. Die beiden Hungerstreikenden wurden in getrennte Zellen verlegt. Wahrscheinlich morgen entscheidet sich nun, ob und wann ein Gerichtsverfahren eröffnet wird. Die Behörden werfen den beiden vor, sie hätten sich in ein laufendes Verfahren eingemischt und mit ihren Flugblättern zur „illegalen Kriegsdienstverweigerung“ aufgerufen.
Hantke und Rabl wollten in Lefkoșa den ersten Prozeß gegen einen Kriegsdienstverweigerer dort verfolgen. Der Angeklagte Salih Askerogul hatte im September diesen Jahres seinen Einberufungsbefehl ignoriert und war daraufhin festgenommen worden. In Nordzypern ist – wie in der Türkei – die Verweigerung des Kriegsdienstes verboten. Wie Christian Herz von der Kampagne gegen Wehrpflicht berichtete, würden Unterstützer und Verwandte Askeroguls seither mit Hausdurchsuchungen und Verhören schikaniert; seine griechisch-zypriotische Frau und ihr Baby wurden in den Süden der Insel abgeschoben.
Auch amnesty international und die deutsche Botschaft, die sich im griechischen Teil Zyperns befindet, bemühen sich derzeit um die Freilassung der beiden Pazifisten. Allerdings sind Kontakte auf Regierungsebene unmöglich, da zu Nordzypern keine diplomatischen Beziehungen bestehen. Der deutsche Botschafter konnte die beiden aber im zentralen Polizeigefängnis in Lefkoșa besuchen und meinte, es gehe ihnen „den Umständen entsprechend gut“. Der Österreicher Andreas Rabl soll die Haftbedingungen allerdings, so Pfarrer Frielinghaus, als „erbärmlich“ bezeichnet haben. kai
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen