Nicht nur drei Häufchen für Omi

■ Focke-Museum diagnostiziert alte Kunstwerke und sorgte damit für gerechte Erbteilung

Erwartungsvolle Blicke trafen Dr. Alfred Löhr, als er die Halle des Focke-Museums betrat. Eine kleine Gruppe von Leuten hatte sich eingefunden um, wie jeden ersten Dienstag im Monat, eigene Kostbarkeiten von einem Wissenschaftler begutachten zu lassen. Eine junge Frau hielt ein altes Gemälde in den Händen, welches aus der Haushaltsauflösung ihrer verstorbenen Oma stammte. „Ein ebenfalls anwesender Antiquitätenhändler war so scharf auf das Bild, da habe ich es lieber behalten, vielleicht ist es ja etwas wert.“

Dr. Löhr konnte diese Hoffnung leider nicht bestätigen, und eigentlich gibt er auch ungern Auskunft über Wert und Preis. Es war einen Versuch wert. Ein junges Ehepaar hatte Fotos ihrer alten Möbel mitgebracht. Sie wollen sie ihrem Wert entsprechend verkaufen. „Bei drei Kindern sind wir auf Kiefernmöbel umgestiegen, da sieht man den Staub nicht so wie af unseren alten dunklen Möbeln.“ Zwei ältere Herren hatten große Einkaufstaschen voll mit altem Glas neben sich stehen. Sie hatten über die Jahre ihre Glassammlung durch den Ankauf auf Flohmärkten und in Antiquitätengeschäften vervollständigt. Bei Dr. Löhr wollten sie sich nun die Bestätigung holen, daß das Glas wirklich so alt ist wie ihnen gesagt wurde.

Seit zehn Jahren gibt es diesen Beratungstag inzwischen im Focke-Museum. Die dort angestellten Wissenschaftler sind jeden ersten Dienstaf im Monat bereit, die von BremerInnen vorbeigebrachten historischen Objekte anzusehen und nach bestem Wissen über deren Stil, Entstehungszeit, Funktion und Material Auskunft zu geben. Von 14 bis 18 Uhr hat jeder die Gelegenheit längst vergessene oder gerade ererbte Gegenstände vorbeizubringen.

Verloren geglaubte Gemälde alter, berühmter Meister sind in den letzten zehn Jahren zwar noch nicht aufgetaucht, aber kulturgeschichtlich interessante Gegenstände sind ab und zu schon dabei. In Einzelfällen hat das Focke-Museum auch schon mal Kunstgegenstände für den eigenen Bestand aufgekauft. Hauptsächlich kommen alte Menschen, weiß Alfred Löhr zu berichten. Die machen sich dann Sorgen, was nach ihrem Tod mit ihrem Besitz passieren soll und wären froh, wenn das Museum sich für Möbel, Glas und Silber interessieren würde. Überhaupt scheint das Museum für ältere Menschen noch viel eher eine feste Institution zu sein, als für Jüngere.

„Erfahrungsgemäß entpuppen sich die Jungen als Händler“, erzählt Dr. Löhr. Es tut ihm immer wieder leid wenn er eine Familienüberlieferung, nach der etwas aus dem Nachlaß einer Berühmtheit stammen soll, aber: „Tabakdosen, die man mir zur Begutachtung überläßt, sollen immer von Friedrich dem Großen stammen. So viel kann der arme Mann unmöglich besessen haben.“

Mit einem Schmunzeln im Gesicht erinnert sich Alfred Löhr an den Besuch einer alten Dame mit Erbschaftssorgen. „Die alte Frau wußte nicht wie sie ihren Besitz unter den drei Enkeln aufteilen sollte und da habe ich ihr drei etwa gleichwertige Häufchen gemacht.“

So hat man auch als Wissenschaftler ab und zu die Gelegenheit einen Menschen glücklich zu machen. als