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Schweinepest vor Bremens Toren

■ Noch keine Infektion in Bremer Ställen / Öffentlich finanzierte Notschlachtungen

Während inzwischen auf fünf Höfen im niedersächsischen Umland die Schweinepest tobt, herrscht in Bremer Schweineställen Ruhe. Noch hat sich keines der — laut amtlicher Viehzählung nur 3.100 - Bremer Schweine bei insgesamt 55 Haltern mit dem tödlichen Virus infiziert. Trotzdem hat die niedersächsische Schweinepest ihre ersten Schatten auf das kleinste Bundesland geworfen. Der Bremer Schlachthof erhöhte gestern den Schweinefleisch-Preis um 15 Prozent, d.h. 30 Pfennig je Kilo. Der Grund: Seit die Hauptgebiete der niedersächsischen Schweinezucht unter Quarantäne stehen, kaufen sich die Schlachthöfe außerhalb dieser Zone gegenseitig die Schweine weg. „Das treibt natürlich den Preis in die Höhe“, meint Jürgen Dröge, Prokurist des Bremer Schlachthofs.

Tatsächlich stehen in zehn niedersächsischen Landkreisen inzwischen rund vier Millionen Schweine unter Quarantäne. Sie dürfen zwar noch geschlachtet und gegessen werden — aber nur noch innerhalb der betroffenen Landkreise. Da dort aber auf jeden Menschen rund zehn Schweine kommen, ist an Vermarktung nicht zu denken.

Rund 10.000 Schweine, die Berührung mit erkrankten Tieren hatten, wurden inzwischen bereits „gekeult“, so der Fachausdruck für den schnellen Schweinetod im Stall. Die Kadaver werden in die nächstgelegene Tierkörperverwertungsanstalt gebracht und dort zu Tiermehl und Dünger weiterverarbeitet.

Eine erlösende Nachricht für die betroffenen Schweinemäster

Wenn der Bauer zum „Keulen" kommtFoto: Veit Mette

kam gestern vom niedersächsischen Landwirtschaftsminister. Alle unter Quarantäne gestellten Schweine sollen mit Geldern der EG und des Bundes aufgekauft und dann auf Landeskosten geschlachtet und eingefroren werden. „Für die Bauern wird es keine Probleme geben“, versicherte der Bonner Landwirtschaftsminister Jochen Borchert. Allein Niedersachsen wird dieses Versprechen in jeder Woche, die die Quarantäne andauert, rund 12 Millionen Mark kosten.

Was mit dem tonnenweise ein

hierhin den Mann im

Saustall

gefrorenen Quarantäne-Fleisch später einmal passiert, ist dabei noch völlig offen. „Unbedenklich wäre die Verwendung für erhitzte Fleischwaren“, sagt Dr. Christian Tänzer, zuständiger Veterinärmediziner im Bremer Gesundheitsressort. Bei Temperaturen über 70 Grad stirbt das Schweinepest-Virus ab. Rohfleischprodukte wie z.B. Mettwurst dürften aus dem Quarantänefleisch allerdings nicht hergestellt werden, da sonst Gefahr bestünde, daß auf dem Umweg über Speiseabfälle das Virus am

Ende doch wieder ans Schwein gelangt und die Seuche damit weiterverbreitet.

Im Übrigen bezieht sich die von Land und EG verhängte Quarantäne nicht auf den Export in Länder außerhalb der EG. „Wenn ein Drittland das haben will, dann Bitteschön“, meint denn auch Veterinärarzt Tänzer. Für den Menschen stellt das Virus keine Gefahr dar, für die Schweine eines solchen Drittlandes könnte der Export allerdings schnell tödliche Folgen haben. Dirk Asendorpf

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