: Arbeitserlaubnisrecht
■ betr.: „Ausgrenzung ausländischer ArbeitnehmerInnen“, Intertaz vom 30.10.93
Als Mitarbeiter der Koordinierungsstelle für Ausländerfragen der Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales habe ich mit großem Interesse Ihre Beiträge zur Kenntnis genommen. [...]
Befremdlich und vor allem auch atmosphärisch unzeitgemäß ist der den verschiedenen Beiträgen zugrundeliegende Erlaß vom 5.3.1993 sicher – er ändert jedoch die bereits seit Jahrzehnten bestehende Lage im Arbeitserlaubnisrecht nicht. Auch vor dem Erlaß war es schon so, daß ArbeitnehmerInnen ohne deutsche Staatsangehörigkeit im wesentlichen nur bei einer dieser Konstellationen als „Bevorrechtigte“ eine Arbeit aufnehmen durfen: Wenn Sie EG-Angehörige sind, wenn sie den Anspruch auf eine besondere (d.h. unbeschränkte) Arbeitserlaubnis haben, was je nach Staatsangehörigkeit ab vier bis sechs Jahren Inlandsaufenthalt bzw. unter zahlreichen anderen speziellen Voraussetzungen möglich ist, oder wenn sie schon langjährig hier leben und eine Aufenthaltsberechtigung besitzen.
Alle anderen mußten auch schon vor dem „März-Erlaß“ – vielfach deutlich länger als „nur“ die jetzt als Mindestfrist geforderten vier Wochen, teilweise drei Monate lang – bangen, ob der von ihnen gefundene freie Arbeitsplatz nach ihrem Antrag auf eine allgemeine (d.h. auf Beruf und Firma beschränkte) Arbeitserlaubnis durch das Arbeitsamt nicht doch noch von deutschen oder „bevorrechtigten“ ausländischen Arbeitssuchenden besetzt werden konnte.
Die eigentlich ärgerliche Auswirkung des Erlasses in der Praxis ist seine Kontraproduktivität: Durch die meines Erachtens rechtswidrige, weil nicht mit Paragraph 19 Abs. 1 AFG (Erteilung der Arbeitserlaubnis „unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles“) zu vereinbarende, pauschale Mindestprüffrist von vier Wochen wird staatlicherseits gefordert, auch solche Arbeitsplätze künstlich nicht länger als nötig unbesetzt zu lassen, bei denen die Arbeitsämter aus langer Erfahrung und Kenntnis des Arbeitsmarktes sofort wissen, daß sie überhaupt keine bevorrechtigten Arbeitssuchenden – gleich welcher Nationalität – vermitteln können. In solchen Fällen sollten Betroffene überlegen, ob die Sozialgerichte ihnen mit einer einstweiligen Anordnung helfen können. Auch muß Arbeitsminister Blüm sich fragen lassen, ob es mit seinem Amt und der gesetzlichen Zielsetzung in Paragraph 2 AFG (weder Arbeitslosigkeit noch ein Mangel an Arbeitskräften sollen eintreten oder fortdauern) vereinbar ist, die Arbeitslosigkeit auch nur einen Tag länger, als vom Verfahren her erforderlich, zu fordern und zu fördern.
Der zweite große Makel des „März-Erlasses“ ist, daß er die nach der Rechtslage auch insoweit bereits vorher bestehende, jedoch meines Wissens nicht praktizierte Möglichkeit auch nur überhaupt in Erwägung zieht, bestehende Arbeitsverhältnisse dadurch zu beenden, daß die nach einem Jahr abgelaufene allgemeine Arbeitserlaubnis nicht verlängert wird. Hier würde sich ebenfalls die Frage nach der Rechtmäßigkeit einer solchen Praxis stellen: Ist es mit der grundgesetzlich verbrieften Menschenwürde und mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar, Menschen mit eigenem Lebensunterhalt zu „Austauscharbeitslosen“ zu machen, ohne die Beschäftigtenzahl dadurch auch nur um eine Person zu vergrößern?
[...] Im übrigen wird ein elfseitiges Merkblatt zum Arbeitserlaubnisrecht angeboten, das allen daran Interessierten helfen soll, sich in diesem „Dschungel“ etwas besser zurechtzufinden (3 DM in Briefmarken für Porto beilegen!). Otto Westphal – AO 221,
c/o Behörde für Arbeit,
Gesundheit und Soziales,
Postfach 760106,
22051 Hamburg
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