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Rep-Politik gewinnt und verliert

■ Im Wedding steht Abwahl eines Rep-Stadtrates bevor

Klammheimliche Freude und Frust – zwischen diesen beiden Polen schwankt wohl derzeit die Gefühlslage der „Republikaner“ (Reps) in Berlin. Während am Wochenende der ehemalige SPD- Fraktionsvorsitzende von Hellersdorf, Werner Krause, überraschend zur rechtsextremen Partei übertrat und ihr dadurch seit langem wieder einmal eine publicitywirksame Nachricht verschaffte, bröckelt im Bezirk Wedding die eigene Hausmacht. Unübersehbar neigt sich die Amtszeit des dortigen Rep-Umweltstadtrates Hermann Voss dem Ende entgegen. Einen gemeinsamen Abwahlantrag haben SPD, CDU und Grüne/AL bereits eingebracht – die Entscheidung dürfte nach Angaben des Bezirksamtes auf einer Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in den nächsten Wochen fallen. Der 53jährige habe, so der Vorwurf der Sozialdemokraten, bei den kürzlich aufgetauchten Chemie- und Munitionsfunden am Nachtigallplatz völlig versagt. Voss, bis vor kurzem noch stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei, weist die Anschuldigungen zurück, sieht sich als Opfer einer Kampagne: „Man ist an einer Aufklärung überhaupt nicht interessiert.“ Falsch sei der Vorwurf der Weddinger SPD-Fraktionsvorsitzenden Hannelore Jahn, er habe trotz Kenntnis der Funde vier Tage lang nicht gehandelt. Der gegen ihn eingebrachte Antrag sei eine „offensichtliche politische Entscheidung, mit dem die Schuld an eine mißliebige Partei abgeschoben werden soll“.

Die Kompetenzen des Rep-Politikers sind inzwischen vom Bezirksamt, das seine Ressortverteilung laut Gesetz selbst bestimmen kann, auf ein Minimum beschränkt worden: Lediglich der Geschäftsbereich über das Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt verbleibt dem Rep-Stadtrat. Sollte Voss abgewählt werden, könnte sein Amt durchaus vakant bleiben, munkelt man mittlerweile in der BVV. Wie Rep-Politiker von Ämtern ferngehalten werden können, macht seit fast einem Jahr der Bezirk Tiergarten vor: Dort wurde am 26. November 1992 der damalige Rep-Wirtschaftsstadtrat Michael Freese nach umstrittenen Äußerungen zur Oder-Neiße- Grenze abgewählt. Seine Aufgaben nimmt seitdem SPD-Bürgermeister Naujokat wahr. Im Laufe diese Jahres fielen bereits zwei Kandidaten der Reps, die für diesen Posten das Vorschlagsrecht haben, bei den Bezirksverordneten von Tiergarten durch. Zuletzt scheiterte im vergangenen Monat Christa Elbern, ihres Zeichens Fraktionsvorsitzende der Rechtsextremen in der BVV von Tempelhof. Severin Weiland

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