Bonn am Ruder

■ Transall-Wartung entscheidet über Lemwerder

Heute wollen etwa 1000 Beschäftigte des Dasa-Werks Lemwerder in Bonn für den Erhalt ihres Werkes demonstrieren. Der Ort ist richtig gewählt: denn letztlich entscheidet das Bonner Verteidigungsministerium über das Schicksal von Lemwerder. Die Wartung der Transall-Transportflugzeuge der Bundesluftwaffe ist Lemwerders Standbein — ohne militärische Aufträge gehen die Lichter aus.

„Es ist ein Leichtes für den Bund, Einfluß zu nehmen und Lemwerder zu retten“, meint Rainer Peters vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium. „Bonn muß die Aufträge auch als Strukturpolitik begreifen.“ Im Verteidigungsministerium dagegen herrscht Zurückhaltung: „Wir haben einen Vertrag mit der Dasa über die Wartung unserer 87 Transall-Maschinen. Der Standort spielt für uns dabei keine Rolle“, sagt Oberstleutnant Eike Krüger. Die Wartung der Militärflugzeuge ist ein dicker Batzen: 62 Millionen im Jahr zahlt der Bund für die 400.000 Arbeitsstunden. „Damit kann man 540 Leute im Jahr auslasten“, meint Krüger — die halbe Belegschaft von Lemwerder.

Der Militärauftrag gibt auch bei den widerstreitenden Ansichten der Lemwerderanern und der Dasa in München über die Rentabilität des Unternehmens den Ausschlag. Einer geplanten Lösung von Lemwerder aus dem Konzern sieht Christian Poppe von der Dasa ruhig entgegen: „Wir müssen zwei Punkte unbedingt realisieren: Rückzug aus der zivilen Wartung und Konzentration der militärischen in Manching. Dann ist uns alles andere recht.“ Zu deutsch: Das Werk Lemwerder kann Niedersachsen haben — die fetten Aufträge aber gehen nach Manching.

Die Wartung von Zivilflugzeugen im Hochlohnland Deutschland sei bei der Konkurrenz von Billiganbietern langfristig nicht rentabel, sagt die Dasa — Militäraufträge dagegen werden nicht ins Ausland verlagert. Das weiß auch das niedersächsische Wirtschaftsministerium: Betriebswirtschaftlich gebe es keinen Grund für eine Schließung — wenn eben die Transall dort gewartet wird.

Inzwischen versucht Niedersachsen, ein Konzept für das zweite Leben von Lemwerder aufzustellen und das Geld zusammenzukratzen. Das Land denkt daran, den Flugverkehr auf dem Gelände zu übernehmen, eine Betriebsgesellschaft mit Kapital auszustatten oder dem Unternehmen den Grund und Boden abzukaufen. Wo das Geld herkommen soll, ist noch völlig unklar — gerade hat Niedersachsen aus Finanznot einen Haushaltsstop bis zum Jahresende verhängt.

Bernhard Pötter