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Der Isaak *

Nachts. Häuser mit gereckten Hälsen,

sie scharen sich, starr, um den Platz –

die helle Leere, wo auf Stelzen

die goldne Kuppel tapsend tanzt.

Sie tritt von einem Bein aufs andre,

als klebte sie am Boden fest,

das Kunstlicht lässt den Schatten wandern,

und eine Säule weisselt es.

Und deren Leib ist wie aus Seide,

die Weisse – Herrlichkeit! Und ich,

Othello, steh an ihrer Seite –

ihr Schatten bin ich, statt ihr Licht.

Ich werde bis zum letzten gehen,

ich reisse sie an mich, gleich jetzt,

zerreisse ihr das Kleid – mal sehen

– am nackten Hals das Kreuz, wie's blitzt.

*) „Der Isaak“ – gemeint ist die Isaaks-Kathedrale in St. Petersburg

(aus: „Fünfkampf der Gefühle“ [Pjatiborje tschuwsts], Moskau 1990)

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