: Abschied vom Plastikhügel
■ Hamburgs Baseballer bekommen einen eigenen Platz
Baseball kennt in Deutschland jedes Kind, weil jedes Kind die Peanuts kennt. Aber mehr als einen Comicstatus erreicht der amerikanische Nationalsport hierzulande, trotz des Booms amerikanischer Sportarten kaum - nicht mal in der Hochburg Hamburg.
Es ist auch wirklich zu komisch: Die Lokstedt Stealers standen im letzten Jahr im Halbfinale um die deutsche Baseballmeisterschaft; zudem spielen mit den St. Pauli Knights (1. Liga), den Marines und dem ETV Skeezicks (2. Liga) drei weitere Mannschaften erfolgreich in Deutschland mit, doch in ganz Hamburg gibt bzw. gab es nicht ein einziges zweckgerechtes Baseballfeld. Das soll sich jetzt ändern.
Bisher wurden notgedrungen zu jedem Spiel Fußballplätze umgerüstet, die jedoch erheblich kleiner ausfallen als ihre Baseballpendants, so daß einige Sonderregeln das Spiel den Verhältnissen anpassen mußten. Für die benötigten Werferhügel hielt wie im Wilhelm-Koch-Stadion auf St. Pauli zumeist portables Plastik her.
Als dann noch eine Anwohnerin des Platzes an der Döhrntwiete (Lokstedt Stealers) mit ihrer Beschwerde durchkam und die Anlage gesperrt wurde, wußten wahrscheinlich alle Aktiven, Funktionäre und Fans zum ersten Mal wirklich, wie Charly Brown sich immer fühlt. Die Frau hatte Angst, die harten Geschosse könnten ihr Kopf und Kragen kosten oder - schlimmer noch - das Auto in die Einzelteile zerlegen.
Nun muß also nach Alternativen geforstet werden, und tatsächlich gibt es eine, wenn auch keine ideale: Für den Hamburger Baseball-Verband führt „der einzige Weg aus dem Dilemma“ (so Edwin Feindt, zweiter Vorsitzender) auf den Grandplatz am Brümmerskamp in Schnelsen. 50.000 Mark sollen locker gemacht werden, um das dortige Fußballfeld auf Dauer schlagballtauglich zu machen.
Ein Wunsch wird es zunächst bleiben, auf dem Infield Gras anzupflanzen, denn die neue Saison beginnt schon Anfang April, und das ist kaum zu schaffen. Doch außerhalb des Feldes wird ein Werferhügel fest angelegt. Auf diese Weise bleibt der Platz auch für die Kicker bespielbar. Ebenfalls werden ein Backstop und Schutzgitter aufgestellt. Fantribünen hingegen müssen erst noch vom Bezirksamt Eimsbüttel angefordert werden.
Bei den Vereinen stößt der Plan teilweise noch auf Skepsis. Sie fürchten, aufgrund der verkehrstechnisch ungünstigen und dezentralen Lage des neuen Platzes Teile der Anhängerschaft zu verlieren.
Rosigere Zeiten brechen vielleicht im neuen Jahrtausend an. In Niendorf ist mittelfristig geplant, ein American-Sports-Gelände für Football und Baseball entstehen zu lassen. Die immensen Kosten von 5,5 Mio. Mark machen daraus jedoch zunächst Zukunftsmusik. Für den Hamburger Baseballsport wird auch in den nächsten Jahren noch Schröder auf seinem bescheidenen Klavier den Ton angeben.
Gunnar Griepentrog
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