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Sonniges Bayernwerk

Der Münchner Atomstromer will das „Elend“ der Photovoltaik mit Hilfe privater Kleininvestoren überwinden / Chance oder „weiterer Flop“?  ■ Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) – Die Planung verspricht das mit Abstand kleinste Kraftwerk, das der Stromriese je gebaut hat. Schmächtige 50 Kilowatt soll es leisten, den Elektrizitätsbedarf von etwa 17 durchschnittlichen bundesdeutschen Haushalten. Und dennoch wirbt das Münchner Bayernwerk für sein Projekt, als ginge es um unser aller Zukunft. Möglicherweise ist es so. Ausgedacht haben sich die Bayernwerk-Manager ein sozusagen „volkseigenes“ Solarkraftwerk, an dem jeder, der will, Anteile erwerben kann.

Unter dem Motto „Bürger für Solarstrom“ gibt sich der Konzern streng basisdemokratisch. Ein „nachhaltiger Ausbau der Solarenergie, bisher in erster Linie von staatlichen Stellen und der Industrie gefördert, ist nur durch das verstärkte Engagement der Bevölkerung möglich“. Auf 400 Quadratmetern sollen schon ab der zweiten Jahreshälfte 1994 mit kristallinen Siliziumzellen bestückte Solarmodule Strom erzeugen, der für 16,57 Pfennig pro Kilowattstunde ins öffentliche Stromnetz fließen würde. Als Standort vorgesehen ist ein Grundstück, das das Bayernwerk in Unterföhring nordöstlich von München zur Verfügung stellt. 6.500 Märker müssen künftige Anteilseigner für ein 500-Watt-Portiönchen berappen (oder die Hälfte für 250 Watt) und können dann über die erwartete Lebensdauer von 20 Jahren mit einer Jahresrendite von 80 Mark rechnen: Nichts für Spekulanten.

Daß Photovoltaik horrend teuer ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Nur etwa eine Million Kilowattstunden Solarstrom wurden 1992 in deutschen Landen abgesetzt. Ein AKW der Biblis- Klasse schafft das in einer dreiviertel Stunde. „Wer will, daß man aus dem Elend herauskommt“, beschwört der Sprecher der Bayernwerke, Egon Mühlberger, „darf nicht immer nur nach staatlichen Fördermitteln rufen.“ Die bleiben ohnehin aus, seit das „1000-Dächer-Programm“ des Forschungsministeriums sang- und klanglos auslief und die öffentlichen Kassen leer sind.

Auf der Suche nach umweltbewegten Idealisten stießen die Atomstromer ausgerechnet auf die regionalen Anti-AKW-Aktivisten von „David gegen Goliath“ (Dagg). In deren Umfeld wähnten sie anlagewillige Sonnenfreunde und natürlich einen positiven „Spin-off“ fürs eigene Image. Im Sommer kam es sogar zu einem Spitzentreffen des Dagg-Vorsitzenden und Münchner Stadtrats Bernhard Fricke mit dem Bayernwerk-Allgewaltigen Jochen Holzer. Doch Fricke zog sich zurück, ohne die Tür endgültig zuzuschlagen. Gegenüber der taz nannte er das Projekt „konzeptionell fragwürdig“, weil das Bayernwerk ein 50-KW-Kraftwerk auch allein und „aus der Portokasse“ hätte zahlen können. Wer da investiere, müsse ein „Obersolarmasochist“ sein.

Abgeschreckt hatte Fricke, der „grundsätzlich mit jedem redet“, wohl auch die schroffe Reaktion der bayerischen Anti-AKW-Inis, die das Bayernwerk-Projekt als schlichte PR-Angelegenheit verdammten. „Pipifax“, nennt etwa Irene Sturm, altgediente Anti- WAA-Aktivistin in Schwandorf, das solare Mini-Kraftwerk. „Keine Kooperation, solange noch Atomkraftwerke in Bayern laufen“, heißt die Parole.

Egon Mühlberger, der gestern nach der Veröffentlichung der Solarstrom-Initiative „zahlreiche Interessentenanrufe“ registrierte, weist den PR-Vorwurf von sich: „Wir haben natürlich auch handfeste ökonomische Interessen.“ Seit 1986 habe das Bayernwerk 250 Millionen Mark in Sachen Sonne investiert und hocke nun mit Siemens auf den kaum absetzbaren Solarmodulen der gemeinsamen Tochter „Siemens-Solar“.

Der Geschäftsführer der ebenfalls in München ansässigen „Deutschen Gesellschaft für Solarenergie“ (DGS), Ludwig Klehr, meinte, man könne das Projekt „vergessen, wenn es dabei bleibt“. Anders sähe die Sache erst aus, wenn beispielsweise „200.000 Leute 100 Megawatt“ zeichnen. „Wenn die Größenordnung paßt“, sagt Klehr, „ist das hervorragend, sonst ist es ein Flop“.

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