Statt Partei: Statt Politik nur Quengelei

■ Mitgliederversammlung offenbarte die heftigen Grabenkämpfe der neuen Hamburger Gruppierung / Keine Entscheidung über bundesweite Ausdehnung

Hamburg (taz) – Der Härtetest steht noch bevor, doch schon jetzt erweckt die Hamburger Statt Partei den Eindruck mangelhafter Belastbarkeit. Bei ihrer ersten ordentlichen Mitgliederversammlung nach dem Einzug in die Bürgerschaft krachte es am Mittwoch gewaltig. Der Spaltpilz zwischen den Jüngern von Markus Wegner und seinen Kritikern wucherte sechs Monate nach Vereinsgründung mächtig – und nächste Woche beginnen die Koalitionsgespräche mit der SPD.

Doch die Regierungsbildung war kein Thema der Versammlung. Auf der Tagesordnung standen die Wahl eines neuen Vorstands (Wegner kandidierte nicht mehr), eine mögliche Umwandlung der Wählervereinigung zur Partei und eine Ausdehnung der Aktivitäten auf das gesamte Bundesgebiet. Schließlich beschränkte man sich auf die Wahl des Vorstands. Neuer Vorsitzender wurde Dieter Brandes, Unternehmensberater, Ex-FDPler, unbeschriebenes Blatt und kein Wegner-Widersacher. Die anderen Debatten wurden vertagt.

Schon beim Streit um die Tagesordnung war deutlich geworden, daß eine Gruppe von Opponenten Wegner das Ruder entwinden will. Dessen offenkundiger Führungsanspruch, den er jedoch nicht müde wird zu dementieren, und die Unfähigkeit, Kritik zu ertragen, hatten ihm schon in der vergangenen Woche Negativschlagzeilen eingetragen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Heinrich Harmsen hatte Wegner Machtbesessenheit und einen autoritären Führungsstil attestiert. Harmsen legte noch zu: Ihn habe kürzlich eine Person angerufen, die im Auftrag Wegners in seinem Privatleben herumschnüffeln solle, um ihn zu demontieren. Darüber, so Harmsen, habe er eine eidesstattliche Erklärung. Wegner dementierte entschieden: „Ich habe es nicht nötig, hinter irgend jemandem hinterherzuschnüffeln.“ Überzeugend schien er damit nicht auf alle Mitglieder zu wirken.

Reibungspunkte gibt es noch mehr: So beklagt der ehemalige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Jürgen Warmke nicht nur, daß die Grundsätze der Statt Partei (Transparenz und Dialogfähigkeit) über Bord geworfen würden, sondern kritisiert auch die Abgehobenheit der Fraktion. Denn diese hat sich nun kurzerhand selbst zur Koalitionsverhandlungs- Delegation ernannt. Warmke: „Wer hat sie eigentlich dazu legitimiert?“ Eins jedenfalls ist sicher nach Ende der Mitgliederversammlung: Die Streiterei geht weiter. Sannah Koch