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180-Meter-Brücke am Potsdamer Platz

■ Trotz Baustelle soll Straßenverkehr aufrechterhalten werden / 15 Millionen Mark Kosten / Muß Militär aushelfen?

Wenn eine Straße verschwindet, müssen Autofahrer sich einen anderen Weg suchen. Nicht aber am Potsdamer Platz: Ab kommendem Jahr wird die zentrale Baustelle einer Kraterlandschaft gleichen, doch die Potsdamer Straße, von der zeitweise Teile abgerissen werden müssen, soll durch eine möglicherweise bis zu 180 Meter lange provisorische Brücke ersetzt werden, erfuhr die taz von der Bau- und Verkehrsverwaltung. Die Kosten sind noch nicht geklärt, aber um eine Größenordnung zu verdeutlichen, nannte Wolfgang Müller, stellvertretender Projektleiter bei der Bauverwaltung, eine Summe von 15 Millionen Mark, wenn das Land Berlin die Brücke selber baut. Das Mieten einer Brücke würde teurer.

Heute rollt der Autoverkehr über den Potsdamer und Leipziger Platz in jeder Richtung zweispurig. Die Hochstraße soll von den insgesamt vier Spuren zwei ersetzen. Auf der mindestens 4,20 Meter hohen Stahlbrücke – unter ihr sollen Betonmischer durchfahren können – wird eine Einbahnstraßen- Regelung gelten: Autos können auf den beiden Spuren nur von der Potsdamer- und Entlastungsstraße in Richtung Leipziger Straße fahren, erläuterte Christian Lotze, Abteilungsleiter in der Verkehrsverwaltung. Entgegengesetzt wird der Verkehr über Kolonnaden, Voß-, Ebert- und Lennéstraße zur Entlastungs- und Tiergartenstraße geführt.

Trotz der Aushubarbeiten – Anfang kommenden Jahres beginnen die Daimler-Benz-Tochter Debis mit dem Bau einer Dienstleistungszentrale und die Deutsche Reichsbahn mit dem Bau des in Nord-Süd-Richtung gelegenen Fernbahnhofs Potsdamer Platz – müsse der Autoverkehr aufrechterhalten werden, sagte Lotze. Eine komplette Umleitung sei mitten in der Stadt nicht möglich.

Diese Frage war zwischen Verkehrs- und Bauverwaltung allerdings „kontrovers“ behandelt worden, wie der stellvertretende Projektleiter Müller berichtete. Seine Verwaltung habe dann aber auch „keine vernünftige Alternative“ anbieten können. Die wenigen Ost-West-Verbindungen wie über die Straße des 17. Juni, Unter den Linden und die Kanaluferstraßen seien längst ausgelastet.

Die Brücke soll alle 30 Meter auf Stelzen gesetzt werden. Die Investoren Sony und vor allem Debis sind von der Trasse betroffen. Weil Debis 1997 die ersten seiner Gebäude beziehen werde, müsse bis dahin die Brücke demontiert werden, sagte Müller. Offenbar gab es in der Vergangenheit insbesondere von Debis starke Vorbehalte, weil durch die Trasse Bauarbeiten behindert werden könnten. „Da gibt es noch Bauchschmerzen“, meinte Verkehrsplaner Lotze. Aber weder bei der Daimler-Tochter noch bei Sony war in der vergangenen Woche eine ablehnende oder zustimmende Stellungnahme zu erhalten.

Wer die Brücke baut, ist bislang unklar. Weil eine alte Militärbrücke – vielleicht aus Beständen der ehemaligen Nationalen Volksarmee – die billigste Lösung sei, sagte Müller, „suchen wir gerade bei der Bundeswehr“. Dirk Wildt

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