Beim Haushalt muß Waigel weiter nachbessern

■ Gestern begann im Bundestag die viertägige Debatte, an deren Ende der Etat 1994 beschlossen wird / Konsolidierungsziel klar verfehlt / SPD warnt vor „Schuldenfalle“

Bonn (taz) – Im „Schuldenchaos“ sieht die sozialdemokratische Opposition den Haushalt 94 versinken, den der Bundestag bis Freitag im Vier-Tage-Marathon durch die zweite und dritte Lesung bringen wird. Das letzte Wort über die Staatsfinanzen ist damit noch längst nicht gesprochen: Bis Dezember muß noch eifrig nachgearbeitet werden. Während Finanzminister Waigel als erster Redner das seit der ersten Vorlage im Sommer mehrfach revidierte Zahlenwerk verteidigte, prangerte der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Wieczorek, die „Schuldenfalle“ an. Die SPD befürchtet, daß sowohl Neuverschuldung wie Ausgabensteigerung die jetzt veranschlagte Höhe noch weit übertreffen werden. Als tatsächliche Zahlen drohten eine siebenprozentige Steigerung des Haushaltsvolumens gegenüber 1993 und 90 Milliarden Neuverschuldung. Die Konsolidierungsziele habe die Regierung „praktisch aufgegeben“. Die Redner aus den Regierungsparteien hielten der SPD dagegen vor, sie habe bisher jede konsequente Sparpolitik torpediert.

Mitte November hatte Waigel seinen Haushalt noch einmal nachbessern müssen. Auf ein Volumen von 478,4 Milliarden Mark war der Haushalt ursprünglich veranschlagt worden, die Neuverschuldung sollte um 67,5 Milliarden steigen. Nach alarmierenden Steuerschätzungen, die infolge von Rezession und Arbeitslosigkeit von geringeren Steuereinnahmen ausgingen, mußten diese Ansätze korrigiert werden. Der nun vorliegende 480-Milliarden-Haushalt bedeutet eine 4,8prozentige Steigerung gegenüber dem Vorjahr und verfehlt damit Waigels Konsolidierungsvorgaben für die öffentlichen Haushalte (Steigerungen nicht über 2,5 bis 3 Prozent) deutlich. Die Neuverschuldung klettert auf 69,1 Milliarden Mark.

Am 11. November hatte der Haushaltsausschuß des Bundestages eine globale Einsparung von 5 Milliarden Mark bei Verwaltungsausgaben und Zuschüssen verordnet. Diese Einsparungen sind bisher noch nicht in allen Einzelheiten festgelegt. Das soll bis Anfang Dezember geschehen. Waigel stellte immerhin schon klar, daß der Verteidigungshaushalt unterproportional davon betroffen sein solle, weil dieser Etat bereits überproportional gekürzt worden sei. Ohnehin noch offen ist das von der SPD abgelehnte 21-Milliarden- Sparpaket, das im Vermittlungsverfahren mit dem Bundesrat geklärt werden muß. Die Haushaltsberatungen werden heute mit der Generaldebatte zum Kanzlerhaushalt fortgesetzt, in der auch der Bundeskanzler und der SPD-Vorsitzende Scharping sprechen werden. Tissy Bruns

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