Finsternis über Werder

■ Champions League: Enttäuschende 2:3-Niederlage der Bremer in POrto / Auch Milan und Barcelona ohne Glanz

Berlin (taz) – Vor rund einer Woche hatte der Bulgare Emil Kostadinow noch ganz Frankreich in einen nachhaltigen Schockzustand versetzt, als er die ruhmreiche „Equipe Tricolore“ mit seinem spektakulären Tor in letzter Spielminute um die Teilnahme an der WM 1994 brachte. Am Mittwoch zeigte der flinke Stürmer des FC Porto dem Norweger Rune Bratseth, was so ein richtig schwarzer Tag ist. Fast nach Belieben rannte er Werders sonstigem Abwehrmeister davon, und die Bremer hatten in ihrem ersten Spiel der Champions League Glück, daß der Schiedsrichter ein klares Foul von Beiersdorfer an Kostadinow im Strafraum nicht mit einem Elfmeter ahndete und den kleinen Bulgaren fäschlicherweise der Abseitsstellung bezichtigte, als dieser allein auf das Tor von Oliver Reck zustürmte. Kostadinow war jedoch bei der Ballabgabe noch in der eigenen Hälfte gestartet.

So blieb es anderen Spielern vorbehalten, die Treffer in einem Match zu erzielen, das für den deutschen Meister fast zu einer handfesten Katastrophe geworden wäre. Zwar hatten die Bremer meist den Ball und schoben ihn sich brav im hinteren Teil der gegnerischen Hälfte zu, mal vor, mal quer, dann wieder zurück, doch an das Tor der Gastgeber kamen sie so gut wie nie näher als 30 Meter heran. Dort stand die vielbeinige Abwehrkette der Portugiesen und ließ niemanden vorbei. Was blieb, waren hohe Flanken, in der Regel sichere Beute des Torhüters Baia und seiner Vorderleute.

Kam der FC Porto an den Ball, änderte sich schlagartig das Bild. Der gemächliche Standfußball hansestädtischer Prägung wurde von einer südländischen Stampede abgelöst, die es in sich hatte. Portos Spieler, allen voran Kostadinow und sein fast kongenialer Sturmkollege Domingos, schwärmten blitzartig aus und stürzten Rune Bratseth und seine Abwehrmannen in tiefe Verzweiflung. Domingos war es auch, der in der 8. Minute das 1:0 schoß, nachdem ihm der Ball dreimal vor die Füße geprallt war. Wenig später verpaßten die Bremer ihre große Ausgleichschance, als Legat beim indirekten Freistoß am gegnerischen Fünfmeterraum die Chance witterte, Fußballgeschichte zu schreiben, dem vorgesehenen Schützen Basler zuvorkam und doch nur die portugiesische Leiberwand vor ihm traf. „Das war alles ganz anders vorher besprochen worden“, wetterte Trainer Otto Rehhagel, „die Schlüsselszene unseres gesamten mißratenen Spiels.“

Danach wurde es erst einmal Nacht im „Estadio das Antes“, das Flutlicht fiel für 18 Minuten aus. Doch die Verdunkelungspause brachte kein neues Licht ins Bremer Spiel. Die meiste Zeit agierten die Werderaner, als sei es immer noch finster, oder als hätten sie den Modus der Champions League nicht ganz begriffen und glaubten, eine knappe Niederlage wäre das beste, was ihnen passieren könnte. Aber selbst daraus wurde nichts. Rui Jorge mit glücklich-genialem Volleyschuß gelang das 2:0 (34.), und auch das Aufatmen nach der Auswechslung des ermatteten Kostadinow (75.) stellte sich als verfrüht heraus. Bratseth war zu diesem Zeitpunkt schon so entnervt, daß er in der 81. Minute eine Flanke falsch berechnete und Ze Carlos das 3:0 köpfen konnte.

Der FC Porto begann zu feiern, ließ jede Konzentration fahren, und fast wäre die Partie vier Minuten vor Schluß noch völlig auf den Kopf gestellt worden, als Hobsch und Rufer binnen weniger Sekunden zwei Tore zum 2:3-Anschluß schossen. Ein schwacher Trost für Werder Bremen, das später unverhofftes Lob vom Gegner erntete. „Werder halte ich für stärker als AC Mailand und FC Barcelona“, verkündete fröhlich Portos Coach Tomislav Ivic, doch davon wollte der enttäuschte Otto Rehhagel nichts wissen: „Das entspricht nicht der Wahrheit.“

Vermutlich wußte er noch nichts über die Auftritte der beiden Favoriten der Champions League, die sich nicht gerade mit Ruhm bekleckerten. Der FC Barcelona, dessen Trainer Johan Cruyff seinen Veteranen für den Fall einer Niederlage bei Galatasaray Istanbul damit gedroht hatte, künftig junge Spieler aus dem B-Team einzusetzen, kam nicht über ein 0:0 hinaus. Allerdings hatten die Katalanen Pech, als der penible Schiedsrichter just in dem Augenblick zur Halbzeit pfiff, als Michael Laudrup ein blitzsauberes Tor für Barcelona erzielte.

Beim AC Mailand war nicht festzustellen, ob die Mannschaft nun mehr vom Streik ihres serbischen Mittelfeldkünstlers Dejan Savicevic, vom Schneeboden in Anderlecht oder der Unterstützung der Neofaschisten durch ihren Präsidenten Silvio Berlusconi schockiert war. Auch Milan gelang nur ein schmuckloses 0:0. Matti