: Cherchez la femme d sprit
■ "Frauen in der Aufklärung": Eine szenische Lesung, gewidmet Louise d'Epinay,heute abend im Schauspielhaus
Cherchez la femme d'esprit
„Frauen in der Aufklärung“: Eine szenische Lesung, gewidmet Louise d'Epinay, heute abend im Schauspielhaus / Ein Werkstattgespräch mit den beiden Produzentinnen
„Ich werde mich hüten, mit meinen Ideen an die Öffentlichkeit zu gehen“, schrieb die Philosophin Louise d'Epinay einmal in einem Brief. Sie scheute den Konflikt mit ihrem Umfeld und ließ doch nicht davon ab, die Dispute ihrer bewunderten Salongäste zu reflektieren, allerdings, bescheiden wie sie war, nur für die Schublade. Rousseau, Duclos, Diderot und andere Denker aus dem Umfeld der Encyclopédie gingen bei ihr ein und aus; die Gastgeberin aber mitsamt ihrem Werk verschwand hinter diesen Größen. Zum Bremer Festival „Frauen in der Aufklärung“ ist ihr heute abend im Schauspielhaus eine Bremer Produktion gewidmet.
Wieder ging es darum, eine Frau auszugraben, von der nichts mehr zu hören war. Und doch: „Man kommt - wenn auch auf Umwegen - an ihre Sachen ran.“ Margot Brink, Romanistikstudentin an der Uni Bremen, hat alles gesammelt, was von und über Louise d'Epinay geschrieben wurde, und daraus zusammen mit der Bremer Dramaturgin Marion Tiedtke eine szenische Lesung entworfen: Lousie d'Epinay (Nancy Illig) im Gedankenaustausch mit zweien, denen sie persönlich stark verbunden war, dem Abbé Galiani und Jean-Jacques Rousseau (dargestellt und zitiert von Fried Gärtner).
Einen eigenen Willen zu haben, erschien mir wie ein Verbrechen - d'Epinays Selbstzweifel bestimmen die Inszenierung. „Es geht ja nicht darum, eine Geschichte der Heldinnen aufzuzeigen, sondern ihren eigenen, suchenden Standpunkt“, so Marion Tiedtke. Es sei schon bemerkenswert, daß sich Louise d'Epinay überhaupt in die Welt der Aufklärer vorgewagt hat, obwohl sie von ihrem Elternhaus nur mit einer eher nachlässigen Klosterschul-Ausbildung bedacht worden war.
D'Epinays Briefwechsel mit dem Abbé Galiani ist in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts auf deutsch erschienen, allerdings mit ziemlich ungleich verteilten Gewichten. Zwanzig Jahre haben sich die beiden geschrieben, und d'Epinay kommt in dem dicken Band nur am Rande vor. Um einen ausgewogenen Dialog auf die Bremer Bühne bringen zu können, mußte Margot Brink noch einiges selbst übersetzen. Dabei hat sie auch sehr frühe Schriften entdeckt, die sie in den fiktiven Dialog d'Epinays mit Rousseau, dem zweiten Teil der Lesung, eingearbeitet hat.
„D'Epinay argumentierte damals am Schreibtisch mit Rousseau gegen Rousseau“, sagt Margot Brink dazu. Heute abend antwortet die Französin direkt auf Rousseaus Emile, wo er auf Emiles Frau Sofie eingeht und sie auf ihre Rolle als naturgegeben devote Gattin und Mutter zurückwirft. D'Epinay hält die Gespräche mit ihrer Enkelin Emilie dagegen, der sie eine den Jungen gleichberechtigte Erziehung ermöglichen wollte. Margot Brink: „Wir haben Rousseau im Original zitiert. Da stehen ungeheuerliche Sachen drin, mit denen wir konfrontieren mußten, um zu zeigen, daß auch Louise d'Epinay eine von vielen war, die immer wieder von vorne denken mußten, weil es für die Frauen keine Geschichtsschreibung gibt.“ Für Conversations d'Emilie bekam d'Epinay den pris d'utilité (Preis der Nützlichkeit) der Académie française.
Silvia Plahl
um 21 Uhr im Schauspielhaus
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