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Blöcke und Zeilen statt Viehställe

Der städtebauliche Wettbewerb „Alter Schlachthof“ im Prenzlauer Berg ist entschieden / Neues Stadtquartier mit Wohn- und Arbeitsstätten soll bis zum Jahr 2000 entstehen  ■ Von Rolf Lautenschläger

Wo bis 1991 noch Ochsen geschlachtet wurden, sollen bis zum Jahr 2000 rund 7.000 Menschen wohnen. Ställe für Bewohner? Keineswegs. Nach dem Entwurf der beiden Darmstädter Architekten Klaus und Verena Trojan ist geplant, auf dem Gelände des traditionsreichen Berliner Schlachthofs an der Eldenaer Straße ein neues Stadtquartier mit Wohn- und Arbeitsstätten zu entwickeln. Der Leitgedanke der städtebaulichen Planung, so Klaus Trojan gestern bei der Vorstellung seines prämierten Wettbewerbsentwurfs, „orientiert sich an den bestehenden Blockstrukturen südlich des Areals und an dem linearen Grundriß der Schlachthofhallen“.

So werden in das dreieckige Gebiet zwischen der Landsberger Allee, der Eldenaer Straße sowie der S-Bahn-Trasse die Blöcke des Samariterviertels aufgenommen und als Quartierserweiterungen bis an die Ringbahn weitergeführt. Hierbei wird die alte Blockstruktur allmählich von der linearen Hallenordnung „überlagert“ (Trojan), so daß im Norden und Osten des Gebiets Zeilen und längliche Felder entstehen. Die quadratischen Blöcke und schmalen Zeilen nehmen die typische Berliner Traufhöhe auf (22 Meter, Anm. d. Red.). Lediglich den „Kopf“ und „Fuß“ des Stadtviertels – an der Landsberger Allee und der Eldenaer Straße – akzentuieren Trojan/Trojan mit zwei Hochhäusern.

Zusätzlich ist geplant, erklärte der zweite Juryvorsitzende Walter Rolfes, „eine Abfolge von linearen Freiräumen sowie groß- und kleinflächigen Parks zu schaffen“. Von der Landsberger Allee werde ein Grünband bis in die Mitte des neuen Quartiers geführt. Dort dehnt es sich zu einer zentralen Freifläche, dem Stadtgarten, der wiederum mit dem bestehenden Forckenbeck-Platz verknüpft wird. Die zweihundert mal sechzig Meter große ehemalige Rinderverkaufshalle, die als Schulgebäude umgenutzt werden soll, wird von dem Park durchstoßen, der weiter als Gründband bis zur Eldenaer Straße reicht.

Kritisch beurteilte die Jury die Verkehrserschließung und die Nutzungsverteilung des Entwurfs. Außerdem empfahl sie einen behutsamen Umgang mit der denkmalgeschützten Bausubstanz, die insgesamt nur zu wenigen Teilen erhalten bleibt. Das Projekt auf dem ehemaligen Zentralen Vieh- und Schlachthof, sagte Bausenator Wolfgang Nagel, werde trotz der für Berlin negativen Entscheidung bei der Bewerbung zur Olympiade 2000 „mit Druck weiter vorangetrieben“. Auf dem Standort, so Nagel weiter, „wird ein neues Stadtviertel geschaffen, das zugleich die vorhandenen Infrastrukturdefizite der Umgebung ausgleichen soll“. Die am städtebaulichen Verfahren beteiligten sechs Planungsbüros waren aufgefordert worden, wegen der guten Erreichbarkeit des Geländes mit öffentlichen Verkehrsmitteln zusätzlich eine „autoarme Variante“ (Nagel) ihrer Planung für das Wohnviertel zu entwerfen.

Das 52 Hektar große Areal für Büros, Gewerbe- und Handwerksbetriebe auf 230.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche sowie für 2.500 Wohnungen, Schulen, Kindertagesstätten und Sporteinrichtungen wird mit dem Instrumentarium der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme bis 1996 zur Baureife vorbereitet. 1994 und '95, fügte Nagels Staatssekretär Frank Bielka hinzu, würden die Bebauungspläne eingeleitet. Zugleich werde die Entwicklungsgesellschaft Eldenaer Straße aufgefordert, Investoren für das drei Milliarden teure Bauvorhaben zu finden. Mit dem Bau der benachbarten Schwimm- und Velohalle sowie der Dienstleistungszentren werden bis über das Jahr 2000 hinaus dann dort Kräne stehen.

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