Unterm Strich

Von einer wirkungsvollen Erinnerungsarbeit ist der Durchschnitts-Deutsche in seinem Bedürfnis nach Geschichte weit entfernt, dies zumindest beklagte Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, zur Einweihung eines neuen Vortragssaals im Berliner Centrum Judaicum. Trotz der seit sieben Jahren abgehaltenen Jüdischen Kulturtage gäbe es noch immer mehr Verdrängung als Akzeptanz: „Wir leben in einer Zeit, wo die Mehrheit der Deutschen nicht weiß, was Judentum ist, was es war und daß es in Deutschland 1.600 Jahre lang Judentum gegeben hat“, so das pessimistische Gegenwartsbild von Bubis. Trotzdem waren sämtliche Konzerte, Lesungen, Diskussionsrunden und Filmvorführungen im Rahmen der Kulturtage ausverkauft. Es geht also doch.

Wie schwierig sich die Aufarbeitung gestaltet, müssen dieser Tage die Bremer Staats- und Universitätsbibliothekare erfahren. Nach 51 Jahren werden rund 30 Bücher aus jüdischem Privatbesitz an die Nachfahren übergeben. Was 1942 auf einer sogenannten „Judenauktion“ in den Besitz der Bibliothek gekommen war, kann nun der gebürtigen Leipzigerin und jetzt in London lebenden Irene Lawford-Hinrichsen zurückerstattet werden. Seit Jahren schon versuchen sich in Bremen Bibliothekare an der Rückführung des beschlagnahmten Eigentums. Bislang konnten 300 rechtmäßige Besitzer identifiziert werden.

Die Bibel dagegen gehört allen, wenn auch inzwischen in veränderter Form. Für das Weihnachtsgeschäft haben sich einige gewitzte Handlungsreisende im Dienste Gottes eine mediale Erweiterung der heiligen Schrift ausgedacht: Die Bibel wurde auf CD-Rom gespeichert, was sonst literarischen Mammuts wie Joyce und Goethe oder Sachbüchern wie dem Duden bzw. Fremdwörterbüchern widerfährt. Angeblich sollen es Pfarrer damit einfacher haben, ihre Predigten mit entscheidenden Zitaten zu spicken. Suchwort etwa: „Salz der Erde“. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Im Grunde will man der Prothese ein wenig Konfirmationsunterricht angedeihen lassen. Nun kann der Computer nach getaner Verwaltungsarbeit in einer stillen Speicherstunde ganz bei sich seiend in Erfahrung bringen, wer ihn ursprünglich einmal gezeugt hat. Wenn das doch schon der Bordcomputer in Carpenters „Dark Star“ gewußt hätte...