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Raus aus der „Welt der Gehörlosen“

■ Elternverein: Hörschäden so früh wie möglich erkennen

„Um die Früherkennung von Hörschäden bei Kindern ist es desolat bestellt“, beklagt Hannelore Hartmann, Vorsitzende der Bundesgemeinschaft Eltern hörgeschädigter Kinder. Ihrer Einschätzung liegen die Forschungssergebnisse zugrunde, die der Verein jetzt in einem Memorandum zusammenfaßte und der Öffentlichkeit vorstellte.

Besonders beunruhigend sei, daß die Kinder durchschnittlich schon 22 Monate alt seien, wenn sich die Eltern mit dem Verdacht auf eine Hörschädigung an einen Arzt wenden. Die Bundesgemeinschaft der Eltern hörgeschädigter Kinder fordert deshalb eine routinemäßige ärztliche Untersuchung in den ersten Lebensmonaten.

„Je später ein Hörschaden erkannt wird, desto geringer sind die Chancen auf Abhilfe“, erläutert Eberhard Kruse, Experte für Hörschäden an der Uni-Klinik Göttingen. Dabei könne selbst Kindern, die als gehörlos gelten, mit der entsprechenden Förderung in den meisten Fällen geholfen werden. Denn fast immer lasse sich ein noch vorhandener „Hörrest“ durch gezielte akustische Reize aktivieren, da sich die Gehirnzellen erst noch entwickeln. Absolute Gehörlosigkeit sei „extrem selten“.

Vor allen Dingen müsse verhindert werden, daß die Kinder in eine „Welt der Gehörlosen“ hineinwachsen, sagt Hannelore Hartmann, selber Mutter eines hörgeschädigten Sohnes. „Sie müssen in ihre lautsprachliche Umgebung integriert werden.“

Der Erziehungswissenschaftler Armin Löwe ist derselben Ansicht. Versäume man das in den ersten Lebensjahren, so sei das Kind Zeit seines Lebens auf die Gebärdensprache und im Gespräch mit anderen immer wieder auch auf einen Dolmetscher angewiesen. „Gebärdensprache ist jederzeit erlernbar. Das Hören aber nicht“, unterstreicht Birgit Wolf von der Schwerhörigenschule Hamburg. Sogar Eltern, die selbst sehr stark hörbehindert sind, wünschen sich für ihre schwerhörigen Kinder eine lautsprachliche Förderung, berichtet die Pädagogin.

Doch den alten Streit zwischen BefürworterInnen und GegnerInnen der „hörgerichteten Förderung“ wolle man nicht wieder aufrollen, betont Hannelore Hartmann: „Entscheidend ist, wie jedem einzelnen Kind individuell geholfen werden kann.“

Ruth Hoffmann

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