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Unterm Strich

Ein Unterhaltungsdinosaurier wird abgewickelt: nach 232 Ausgaben wird das Schnarchsack-Ratequiz „Der große Preis“, das außer seinem guten Zweck nicht viel zu bieten hatte, eingestellt. Immerhin 1,8 Milliarden Mark (sic!) hat Thööölke! für die Aktion Sorgenkind eingespielt. Nach seinem krankheitsbedingten Rückzug aus der Sendung, hatten Hans-Joachim Kulenkamppf und Caroline Reiber ihr den Rest gegeben. Das einzig Bedauerliche: auch Wum und Wendelin, ziemlich albern, aber liebenswert, verschwinden ebenfalls in der Versenkung.

Das Bambi, der anrührend grazile Preis des Unterhaltungsdinosauriers Burda für andere Unterhaltungsdinosaurier und solche, die sich dafür halten, wird in diesem Jahr am 9. Dezember zum 46sten Mal verliehen. Einziges Kriterium der ursprünglich als Filmpreis konzipierten Ehrung ist „Popularität“, was immer darunter zu verstehen ist. Den Namen Michael Schumacher aus der Sektion Sport zum Beispiel hört die Kurzmelderin leider zum allerersten Mal, und auch die Popularität von Edmund Stoiber und Heide Simonis muß ja nicht unmittelbar einleuchten. Auf der Liste der Staubfängeraspiranten stehen weiterhin die Medienfuzzis Hans Meiser und Harald Schmidt, José „Knödler“ Carreras, High-Tech-Magier Copperfield, Bundfalten-Röhre Kim Wilde und – man bleibt in der Familie – der Dino-Film „Jurassic Park“. Wie oft Loriot das liebe Tier bereits im Wandschrank hat, wagen wir uns gar nicht erst vorzustellen, ebensowenig wie das Gesicht von Bernhard Minetti, wenn er begreift, wie grauslig-schwarzwäldlerisch die Trophäe in Wirklichkeit geraten ist. Das Ehrenbambi – in Lebendgröße – erhält der norwegische Außenminister Johan Joergen Holst für seinen „unkonventionellen Beitrag zum Friedensprozeß im Nahen Osten“: Er hatte Palästinenser und Israelis bei sich zu Hause dazu aufgefordert, „sich gemeinsam auf den Teppich seines Wohnzimmers zu legen, um mit seinem 4jährigen Sohn Edward ,Autofahren‘ zu spielen.“ Die beliebteste Krimiserie im deutschen Fernsehen wird per Leserbefragung ermittelt — praktischerweise in Zeitschriften des Burda-Verlages.

Am vergangenen Sonntag ist in der Normandie im Alter von 87 Jahren der ungarisch-französische Filmausstatter und Maler Alexandre Trauner gestorben. Sein Freund Jaques Prévert hatte ihn einmal als „Architekten der Träume aus Gips, Licht und Wind“ bezeichnet. Trauner, der 1929 nach Paris gekommen war, schuf die Ausstattung für Marcel Carnés Filme „Die Kinder des Olymp“, „Hôtel du Nord“ und „Der Tag bricht an“. 1960 erhielt er einen Oscar für die Ausstattung von Billy Wilders „Das Appartement“.

Die Rechte an den Werken des Schriftstellers Heinrich Mann gehen ab 1. Januar 1994 vom Berliner Aufbau-Verlag an den S. Fischer Verlag in Frankfurt/M. über. Die Gründe für die Kündigung des 1954

vom damaligen Leiter des Aufbau-Verlags, Walter Janka, geschlossenen Vertrags lassen die Erben, Jindrich und Ludwig Mann, ein wenig im dunkeln. Eine Rolle gespielt haben aber offenbar die früher in der DDR üblichen „Plusauflagen“, für die kein Honorar an die Autoren gezahlt wurde, und Auseinandersetzungen um die Lizenzverlängerung für die im Fischer Taschenbuchverlag erscheinende Studienausgabe. Der Aufbau- Verlag lehnt die Kündigung aus „moralischem Anspruch“ ab; er habe Anteil am Erhalt und der Durchsetzung der Werke Heinrich Manns, den man „damals in der Westzone“ nicht hatte haben wollen, „weil man ihn als Kommunistenfreund denunzierte“. Aufbau-Verleger Bernd F. Lunkewitz sprach von einer „Gaunerei“ und rief Schriftsteller und Buchhandel zu einem Boykott des Holtzbrinck-Konzerns auf, zu dem auch Fischer gehört. Er stehe „an der Spitze der Bemühungen einiger westdeutscher Großunternehmer, die Verlage im Osten Deutschlands zu zerstören“.

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