Spitzenkomiker -betr.: zum Kulturdisput vom 8.12.93

zum Kulturdisput vom 8.12.

An Herrn Dworschak und alle Mitlachenden!

Mittwoch früh halb sieben, ich trinke tranig einen ersten Tee und blättere in der taz. Wozu braucht die taz einen Kulturredakteur? Tiefschürfende Fragen frühmorgens in einer Bleiwüste. In den boshaften Ton des Textes hineingeraten, vermute ich in meinem Trief: nichts Berichtenswertes vorhanden, ergo Selbstdarstellung; fiktiver Leserbrief mit ebensolcher Antwort ein reines Fake also – Gute Idee!

Ich fange amüsiert an, mich zu konzentrieren. Manfred Dworschaks aller ego als selbsternannter Kunstpapst wettert, was der Wortschatz hergibt. Erste Skepsis zu platt und zu dick wird aufgetragen. Also doch nur ein provinzieller Kunstpope – schade um den netten Einfall, denke ich und mein Blick schweift nach rechts – stutze, staune und breche in prustendes Gekicher aus! Rechts finde ich „Carsten Werner“ – das Geschreibsel ist ernst gemeint!

Dieser Mensch könnte ein Spitzenkomiker sein, wenn da nicht diese maßlose Borniertheit wäre! Erheiternd Manfred Dworschaks Erwiderung, insbesondere der Spruch vom fetten, doofen Kuckuck – ich gakkere schon wieder , der Stift tanzt in der Hand. Wie wahr, wie wahr! Man setze sich ins Nest, blähe sich auf und versuche, mit Flügelschlagen die anderen herauszuschmeißen o.ä. Man miete ein Theater, versuche die anderen dort Kunst Schaffenden zu vertreiben, denunziere Zuschauer und mache sich zu einem Gasballon der Wichtigkeit.

Wer sich so weit über den Nestrand beugt, auf den müßte – des Applauses gewiß – schon das duale System warten.

Ein eigennütziger Vorschlag für das Recycling eines Carsten Werner: Stellt ihn bei der taz ein und laßt ihn täglich eine solche Glosse schreiben zumindest meine morgendliche Zeitungslektüre wäre um einiges vergnüglicher!

Mit erheiterten Grüßen

Euer Jochen Kießling