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Neuköllner Killerhund

Krimis auf ihre Berlintauglichkeit getestet  ■ Von Caroline Roeder

Berlin Crime – wie soll man das verstehen? Mörder sagt: ick bring dir um. Opfer: Na watt denn... – die Dialektvariante. Oder historisch- politisch: Mord im Landwehrkanal. Gastronomisch würde sich eine vergiftete Molle anbieten oder Berliner Schnauze: Neuköllner Killer-Schäferhund beißt wehrlosem Opfer Kehle durch. Berlin-typische Todesarten gibt es eine Menge, die „edition monade“ hat eine Krimi-Reihe daraus gemacht.

Über den Verlag und sein Berlin-Krimiprogramm berichtete diese zeitung schon ausführlich am 31.Juli dieses Jahres. Aber die Frage, wie man dieser Stadt kriminell gerecht werden will, ist bisher nicht beantwortet worden. Vorwiegend Autoren um die Dreißig widmeten sich bisher Berlin-Themen wie Olympiabewerbung, Hütchenspiel, Subkultur oder Bauskandal. Für die Nummer 8 hat die edition monade nun zu einem Krimi-Altautor gegriffen.

Fünf Millionen Krimi-Leser hatte Heiner Rank in der ehemaligen DDR. In dem Land ohne realexistierende Verbrechen und mit permanentem Papiermangel eine beachtliche Leistung. Das Exposé zu seinem Buch „Goldener Sonntag“ hatte Rank schon zu damaligen Zeiten verfaßt. Doch die Geschichte vom Überfall auf ein Warenhaus am letzten verkaufsoffenen Sonntag vor Weihnachten wurde vom ehemaligen DDR- Lektorat nicht genehmigt, das Warenhaus lag im Westteil der Stadt. Der Plot mit den als Weihnachtsmännern verkleideten Räubern kommt allerdings etwas altbacken daher. (Der spektakuläre Coup wurde in den siebziger Jahren regelrecht ausgeschlachtet und selbst in der Werbung breitgetreten.) Insgesamt bleibt die Spannung auf Tatortniveau hängen, und außer ein paar Berliner Straßennamen und einer Berlin-historischen Editionsgeschichte weiß man nicht so recht, was dieser Roman bei Berlin Crime zu suchen hat.

„Vor mir an der Wand hing ein weißer Bogen Papier mit einem Pfeil zu der Tür hinter mir und der Aufschrift ToilettInnen.“ Nicht in der taz-Redaktion spielt Jörg Köhlers Krimi „Tötet Jack Daniels!“, sondern am Prenzlauer Berg. Konstantin heißt hier der Laiendetektiv, den es marlboromäßig in die weite Welt hinauszieht. Kleine Pausen macht er zwischendurch in Berlin, wo er immer noch seine alte Wohnung im Osten hat. Bei einer dieser Zwischenstopps in der Heimatstadt erfährt er, daß eine ehemalige Schulfreundin bei einem Autounfall ums Leben kam. Irgend etwas an der Geschichte erscheint ihm faul.

Sehr viele Biere und Jack Daniels muß Konstantin töten, sprich: Whisky wie der gute alte Marlowe schlucken, bis die Sache aufgeklärt ist. Eine Milieustudie Ost und ein gut und witzig geschriebenes Buch über die Prenzelberg-Szene.

„Das Beste ist ja, daß wahrscheinlich jeder im Kiez schon mal etwas mit jedem hatte.“ Konstantin versuchte den Faden wieder aufzunehmen. „Wäre die Mauer nicht aufgegangen“, sagte der Professor, „wären hier spätestens in fünf Jahren Kinder mit drei Köpfen geboren worden. Oder lauter Verrückte.“ „Davon gibt's auch jetzt schon genug. Kennst du diesen Typen, der immer mit einem weißen Hut rumrennt und erzählt, er wäre ein Kumpel von Thomas Edison?“ „Wer ist Thomas Edison“, fragte ich. „Der Thomas, mit dem Gabi mal zusammen war, als sie noch studiert hat? Oder der andere, der aus dem Buchladen in der Ryke?“ „Quatsch“, sagte er. „Edison ist der Erfinder der Glühlampe.“ „Ach so. Von dem ist er also ein Kumpel.“

Neben einem wunderbaren Gespräch mit einem Berliner Taxifahrer über Chaoten findet man viele kleine Berlin-Details. So fährt Konstantin nach seiner Ankunft in Berlin als erstes zu dem einzigen Verkaufsort von Schwarzmarktzigaretten der Marke Gauloise am U-Bahnhof Schönhauser Allee, um sich mit einer Stange für seinen Aufenthalt einzudecken. Nicht nur wegen der Berliner Todesart Verkehrsunfall, die in der Typenskala an erster Stelle rangiert, macht Köhlers Berlin Crime in der Reihe Sinn und ist unterhaltsam geschrieben. Angekündigt ist von ihm für Herbst nächsten Jahres ein Mercedes-Benz-Krimi. Eine Geschichte, auf die man sich nach diesem Erstling freuen darf.

Nach acht Titeln von Berlin Crime kann man frei nach dem Verlagsslogan sagen: Berlin hat die Krimis, die es verdient.

Jörg Köhler: „Tötet Jack Daniels!“, 168 Seiten, Berlin Crime 4, edition monade, 14,80 Mark.

Heiner Rank: „Goldener Sonntag“, 179 Seiten, Berlin Crime 8, edition monade, 14,80 Mark.

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