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Winnie Mandela feiert ihre Wiederkehr

■ Erfolg für die skandalträchtige Ehefrau des Friedensnobelpreisträgers

Durban (taz) – „Die Königin des südafrikanischen Kampfes erobert die Macht zurück.“ So kommentiert die Feministin Peggy Luzwazi, Dozentin der Psychologie an der Universität Umtata, die Wahl der umstrittenen Winnie Mandela zur Vorsitzenden der ANC-Frauenliga bei der Konferenz der ANC-Frauenorganisation in Durban diese Woche.

In der etwas abgelegenen Universität Durban-Westville gab es Jubel, minutenlangen Applaus, Tanzen und Singen, Tränen nach der Bekanntgabe der Ergebnisse: 392 Stimmen für Winnie Mandela von insgesamt 560. Aber auch Enttäuschung bei einigen ANC- Frauen, die ihre Ämter niederlegen wollen, da sie der Ansicht sind, eine kollektive Zusammenarbeit mit der neuen Präsidentin sei nicht möglich.

Die 1992 wegen der Mißhandlung von Jugendlichen verurteilte Winnie Mandela, die zwei Jahre vorher auf der ersten Konferenz der ANC-Frauenliga in Kimberley ihrer Gegenkandidatin Albertina Sisulu unterlag, wird mit ihrer neuen Funktion künftig eine wichtige Rolle in der ANC-Führung und in der nächsten Regierung einnehmen. Für die regierende Nationale Partei von Frederik de Klerk zeigt dies, daß „militante Fraktionen im ANC die Schlüsselpositionen übernehmen“ – im Juni hatte Winnie Mandela noch die Losung präsentiert: „Tötet die Buren“.

Das Comeback von Winnie Mandela mag für viele überraschend gewesen sein. Im Vorfeld der Konferenz prägte das Thema bereits die Diskussion. Und am ersten Tag der Konferenz hatten die Delegierten einstimmig beschlossen, keine Öffentlichkeit bei ihren Beratungen zuzulassen – wohl in Erwartung konfliktreicher Auseinandersetzungen.

Winnie Mandela war vergangenes Jahr von ihren Ämtern im ANC suspendiert worden, wurde aber als eine Führerin der Sanco- Bürgerrechtsorganisation gewählt; im Juli feierte sie in Transvaal ein siegreiches Comeback. Für viele gilt sie als diejenige, die jetzt den Platz des ermordeten ANC-Führers Chris Hani einnimmt. Nach einem internen ANC-Papier ist sie eine der fünf populärsten ANC- VertreterInnen. Sie gilt immer noch als die „Mama Wetu“, die Mutter der Nation. Bei Landfrauen, radikalen Jugendlichen und den ärmeren Slum- und Township-Bewohnern gilt sie als die Kompromißlose, die für die Belange der alten Menschen, der Kinder und der Obdachlosen eintritt. Und bei der allgegenwärtigen Gewalt in Südafrika wird ihre Verurteilung wegen Mißhandlung schwarzer Jugendlicher als nicht so gravierend empfunden.

Undurchsichtige Führerin einer undurchsichtigen Liga

Manche Delegierte des Kongresses führten das Wahlergebnis aber auch auf eine schlechte Vorbereitung der Konferenz zurück. Kontroverse Fragen seien im Vorfeld in den ländlichen Regionen nicht ausführlich diskutiert worden. Kritik gab es auch zu dem Bericht der Generalsekretärin: Die Frauenliga habe sich vor den Wahlen mehr um allgemeine Politik als um die unmittelbaren Belange der Frauen gekümmert wie Arbeitslosigkeit, Analphabetentum, Gewalt, Kriminalität, unzureichende Infrastruktur. So wurden die Abschnitte über Gewalt als „enttäuschend“ bezeichnet; kein Wort sei zur Prostitution gefallen. Mangel an Transparenz bei der Unterstützung von Frauenprojekten und unzureichende Informationsvermittlung wurden außerdem kritisiert.

In ihrer kurzen Rede nach ihrer Wahl schwieg sich Winnie Mandela über ihre künftige politische Zielsetzung aus. Der Konferenz gelang trotzdem das Kunststück, die vielbeschworene Einheit der Frauenliga zu erhalten. Makho Njobe, die frühere ANC-Kassiererin, die ihrer Gegenkandidatin Adelaide Tambo unterlag, meinte lächelnd zu den Wahlen: „Das ist eben Demokratie.“

Noch ist es zu früh, sich über die Zukunft der ANC-Frauenliga zu äußern. Nach ihrem neuen Start im August 1990 – nach 30 Jahren Exil – hat sie einige Erfolge aufzuweisen. In den Cosatu-Gewerkschaften gelang mit der Einführung von Frauenforen ein frauenpolitischer Durchbruch. Innerhalb des ANC setzte die Liga den Vorschlag einer Frauenquote bei der KandidatInnen-Aufstellung durch – das war 1991 abgelehnt worden. Als Erfolg gilt auch die Einrichtung eines Ausschusses für Frauenfragen im TEC (Übergangsrat), der die Arbeit der weißen Minderheitsregierung überwacht.

Ob dies fortgesetzt wird? Cassandra, eine junge indisch-südafrikanische Studentin aus Durban, ist skeptisch im Hinblick auf die Wahlen im April nächsten Jahres: „Es gibt nie Zeit für die Belange der Frauen.“ Florence Hervé

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