: 36.000 Unterschriften fürs Volksbegehren
■ Bilanz nach nur einer Woche / Studenten sind zuversichtlich, bis Weihnachten 80.000 zu sammeln / Medien motivieren mit
„36.000 haben wir schon!“ steht mit roter Kreide auf der Tafel in der zentralen Koordinationsstelle der Arbeitsgemeinschaft Volksbegehren an der TU. Gemeint ist damit die Zahl der Unterschriften, die die StudentInnen nach eigener Hochrechnung seit dem 3. Dezember mit Hilfe von etwa 650 HelferInnen gesammelt haben. Ziel sind 80.000 Unterschriften, um ein Volksbegehren einzuleiten, das die Legislaturperiode des Abgeordnetenhauses vorzeitig beenden soll.
„Letzte Woche war es noch ein bißchen chaotisch“, sagt Sebastian Göbel, der sich im fünften Stock des TU-Gebäudes in der Franklinstraße um die neu hinzukommenden Unterschriftensammler kümmert. Mittlerweile sei aber alles beser organisiert. Dazu geben sich die StudentInnen auch alle Mühe. An der Wand hängen Zettel mit Vorschlägen für Sammelorte, Listen mit Weihnachtsmärkten und speziellen Terminen. Ein Stadtplan ist übersät mit Stecknadeln, die die Einsatzorte der Gruppen angeben. Rote Markierungen zeigen angemeldete Stände an, so etwa am Alexanderplatz.
Auf einem Tisch liegt eine Kontaktliste. „Das hab' ich mir übers Wochenende ausgedacht“, meint der Student der Werkstoffwissenschaften. „Da können sich Leute eintragen, wenn sie mit anderen zusammen sammeln gehen wollen, wie zum Beispiel zwei Architekturstudentinnen, die sich gerne vor dem Theater postieren wollen und Angst haben, daß sie da von den Leuten niedergequatscht werden.“
„Am besten läuft es in den Arbeitsämtern“, weiß sein Mitstreiter Gunnar Schröter. „Die Leute sitzen nach Bezirken und nach Listen sortiert da. Über den Frust, den die haben, brauche ich wohl nichts zu sagen.“ Auch in Kreuzberger Kneipen wären die Listen schnell voll. Jedoch ist der Einsatz dort nicht ungefährlich. „Es gab auch schon den Fall, daß Listen zerrupft wurden“, sagt Sebastian Göbel.
Immer wieder kommen StudentInnen, um sich Listen abzuholen. Nachdem sie von dem Drittsemestler über den Datenschutz aufgeklärt wurden und die Neuen eine entsprechende Erklärung unterschrieben haben, werden sie mit den Bezirks-Listen und einem „Viel Glück!“ entlassen.
Hinter der Tafel, die den Raum teilt, telefoniert Jesper Richter- Reichhelm. Bei dem Informatik- Studenten laufen zur Zeit die Fäden zusammen. Gerade spricht er mit einem Berliner Radiosender, der am nächsten Morgen einen Bericht über die Aktion senden will. Zuvor hatte die ZDF-„Frontal“- Redaktion den Wunsch geäußert, am Beispiel der Arbeitsgemeinschaft Volksbegehren bundesdeutsche Protestbewegungen illustrieren zu wollen. „Mit dem Medienecho sind wir zufrieden“, meint Jesper Richter-Reichhelm, „damit können wir die 80.000 Unterschriften bis Weihnachten schaffen.“
Trotz des Teilerfolgs wird es noch ein hartes Stück Arbeit. „Wir haben einen Kern von 15 bis 20 Leuten, die ihre gesamte freie Zeit dafür einsetzen. Viele kommen da öfter mal auf 'm Zahnfleisch daher.“ Martin Hörnle
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen