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Die Berliner Baulöwen mauern weiter

■ Die lange Jahre gegenüber Westdeutschland deutlich höheren Baustoffpreise sind zwar gesunken, billiger werden die Bauten aber nicht / Bauindustrie will sich dem scharfen Wettbewerbswind nicht stellen

Bei den Berliner Baulöwen geht die Angst um. Fette Gewinne bei hohen Baukosten und Bauleistungen, die bis zum Mauerfall im Westteil der Stadt mit mehr als fünfzig Prozent über dem Preisniveau der Bundesrepublik zu Buche schlugen, purzeln dramatisch. Aufgeschreckt durch die Dumpingpreise aus dem eigenen Lager und die Konkurrenzen aus der Region sowie dem östlichen Ausland, treten die Unternehmer die Flucht nach vorn an, drohen mit Lohneinbußen – und mauern.

Der Preisvergleich des Heidelberger Bauträgers Roland Ernst für die geplanten Bundesbauten (Ernst hatte Kosten von rund 7.000 Mark pro Quadratmeter Nutzfläche statt 17.000 Mark pro Quadratmeter errechnet) sei unseriös, sagte der Berliner Bauträger Uwe Foitzik am Montag abend auf der Diskussionsrunde im „Architekten- und Ingenieur-Verein“ zum Thema „Zukunft der Berliner Baupreise“. Das Angebot von Ernst beziehe sich ausschließlich auf die Kosten der „Hauptnutzflächen“ der Gebäude. Da diese jedoch nur rund ein Drittel jedes Bauvorhabens ausmachten, könne nicht davon gesprochen werden, „die Bauten für die Hälfte hochzuziehen“. Für öffentliche Bauten sei es realistisch, Kosten zwischen 13.000 und 15.000 Mark pro Quadratmeter anzusetzten. „Die Zahlen der Bundesbauministerin stimmen“, sagte Foitzik.

Beim sozialen Mietwohnungsbau, betonte Dietmar Otremba, Vorsitzender des Landesverbandes freier Wohnungsunternehmer, habe sich Berlin in diesem Jahr dem „Durchschnitt des westdeutschen Preisniveaus angeglichen“. Gravierende Unterschiede bei der Kostenschere, wie das Gutachten des Bausenators suggeriere, existierten in Berlin nicht mehr. Die Differenzen zu Hamburg etwa, wo noch 1992 28 Prozent weniger Geld für Bauleistungen gezahlt werden mußten, entsprächen heute nicht mehr den Tatsachen. Zudem sei durch die Mittelstandsbetriebe aus dem Umland „ein scharfer Wind“ in Berlin eingekehrt. – Auf den vielbeschworenen Wettbewerb und die öffentlichen Ausschreibungen der Bauverwaltung reagieren die Bauunternehmer mit Abschottung: „Die Baustoffpreise sind abgestürzt“, sagte Foitzik.

Doch die Senkung der Kosten gehe in Wirklichkeit zu Lasten der Volkswirtschaft und des Baus selbst. Berlin werde derzeit von Anbietern aus dem Ausland „überschwemmt“. Gegen Stahlanbieter aus der Ukraine hätten die hiesigen Firmen ebensowenig eine Chance wie gegen die Billiglohnarbeiter aus Polen oder Portugal. „Mit legalen Möglichkeiten ist das Preisniveau darum kaum zu halten“, so Foitzik. Angesichts der Preisspirale nach unten könnten einheimische Arbeitskräfte schwer gehalten werden.

Die rückläufigen Baupreise hätten sich indessen auf dem Baumarkt noch nicht wesentlich bemerkbar gemacht, sagte Georg Aunap von der GeWoBau. Eine „gewisse Schwelle nach unten“ werde nicht überschritten. Zudem sorgten teure Grundstückspreise und Baufinanzierungen für kontinuierlich hohe Baukosten.

Zur Kostensenkung schlugen Architekten die Typisierung des Wohnungsbaus der zwanziger Jahre in Berlin vor, die einfachen Grundrißlösungen sowie den günstigen Standard beim Innenausbau der Häuser. Rolf Lautenschläger

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