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Wenn Guinea wählt

■ Nach den morgigen Wahlen fürchtet das westafrikanische Land Instabilität

Berlin (taz) – „Jede Region wählt ihren Präsidenten, und die vier Präsidenten können dann sehen, wie sie miteinander klarkommen. Besser noch: Man organisiert im jedem Dorf eine eigene Präsidentschaftswahl. Dann haben wir einen Haufen Präsidenten, die wir exportieren können.“ Die guineische Wochenzeitung Le Lynx war schon vor einigen Monaten zynisch in ihren Vorschlägen für die ersten freien Präsidentschaftswahlen in dem westafrikanischen Land, die morgen stattfinden sollen. Viele Guineer fürchten: Es wird nach dem Urnengang zu regionalem Streit und zu Gewalt kommen.

Jahrzehntelang war Guinea eine der Sowjetunion nahestehende Volksrepublik, deren Diktator Sekou Toure nach der Unabhängigkeit 1958 das mineralienreiche Land ins Abseits wirtschaftete, politische Parteien wie auch die traditionellen Dorfstrukturen in den Untergrund trieb und Guinea zu einer von Angst beherrschten Gesellschaft machte. Nach seinem Tod 1984 übernahm das Militär mit General Lansana Conte die Macht und leitete eine behutsame Demokratisierung und Öffnung ein – aber sehr viel langsamer als in anderen westafrikanischen Ländern, so daß Guinea heute mit Ausnahme der benachbarten Bürgerkriegsstaaten Liberia und Sierra Leone das einzige Land der Region ohne ein gewähltes Parlament und Staatsoberhaupt ist. Die Opposition bietet mit zwei lange exilierten Demokraten, Alpha Conde und Siradiou Diallo, gute Kandidaten gegen Conte auf.

Der Amtsinhaber rechnet sich dennoch gute Siegeschancen aus, da es insgesamt sieben Gegenkandidaten gibt und Guinea, das sich von Mangrovenwäldern an der Atlantikküste bis ins bergige Fouta- Hochland mit seinen alten islamischen Königreichen erstreckt, ein sehr heterogenes Land ist. Regionen, wo Conte wenig Stimmen gewinnt, werden seinen eventuellen Sieg vielleicht nicht anerkennen: Das ist der Hauptgrund für die Furcht vor Gewalt nach dem ersten Wahlgang.

Aber auch die Sorge, daß in Guinea bisher kein demokratisches Bewußtsein wachsen konnte, spielt eine Rolle. „Unter Sekou Toure kam man für alles ins Gefängnis – heute wird man nicht verhaftet, egal was man verbrochen hat“, zitiert Jeune Afrique einen Geschäftsmann. Regierungsmitglied Yvonne Conde macht für die vielbeklagte gesellschaftliche Gewalt soziale Veränderungen verantwortlich: „Es sind die Frauen, die Traditionen vermitteln. Aber jetzt gehen immer mehr Frauen arbeiten, die Kinder bleiben in der Aufsicht anderer Kinder. Was können sie da lernen? Der erste Kontakt der Jugend mit der Moderne ist das Videogerät.“ Gerade diese Jugend ist es, die sich bald an ihren kriegerischen Altersgenossen im Nachbarland Liberia ein Beispiel nehmen könnte. D.J.

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