Angeblicher Kurde war nur ein Hochzeitsgast

■ Durcheinander zwischen Demo und Braut-Konvoi: Türke auf Wache geprügelt

Eine Fehleinschätzung der Polizei ist wohl der Grund dafür, daß ein Türke am frühen Sonntag morgen von Beamten der Revierwache 16 (Lerchenstraße) verprügelt worden ist. Gegen Mitternacht hatten sich im Schanzenviertel 100 Demonstranten versammelt, um gegen das Verbot einer Kurdenveranstaltung in Kassel zu protestieren. Am Schulterblatt gerieten in diese Spontan-Demo die Teilnehmer einer türkischen Hochzeit, die nach ihrem Brauch mit mehreren Autos und hupend die Braut nach Hause bringen wollten.

Zivilfahnder stoppten das letzte Fahrzeug des Konvois, weil sie darin Kurden vermuteten. Als die Fahnder bemerkten, daß die Kurden Türken waren und mit dem Protest nichts zu tun hatten, durfte das gestoppte Fahrzeug weiterfahren. Der Fahrer hatte noch nicht einmal den ersten Gang eingelegt, da fuhr mit quietschenden Rädern ein Streifenwagen vor und versperrte dem Pkw abermals den Weg. Wieder sollte der Fahrer seine Papiere vorzeigen, was bei ihm heftigen Unmut auslöste.

Als der Beamte pampig wurde, titulierte der Türke ihn als „Nazi“. Daraufhin wurde er nach Augenzeugenberichten von beiden Polizisten aus dem Auto gezerrt, geschlagen und mit einem Fußtritt in den Peterwagen verfrachtet. Obwohl er keinerlei weitere Beleidigungen ausgestoßen habe, so der Betroffene gestern zur taz, sei er im Wagen weiter geschlagen worden. Er wurde zur Lerchenwache gebracht, wo ihm eine Blutprobe entnommen wurde. Resultat: 0,0 Promille.

Eine Stellungnahme der Polizei war gestern nicht zu bekommen. Der Geschädigte erwägt, Anzeige wegen Körperverletzung zu erstatten. Peter Müller