: CS-Gas zur Gasmasken-Überprüfung
■ Selbst das Bundeswehramt für Wehrtechnik stuft das „Kotzgas“ nach der Gefahrenstoffordnung als „sehr giftig“ ein
Daß das Verteidigungsministerium an der Aufklärung des Falls Frank Feldmann nicht interessiert ist, hat seinen guten Grund: Seit 1975 wird das auch als „Kotzgas“ bekannte CS-Gas zur Dichtigkeitsüberprüfung von Gasmasken und für die Vorbereitung der Soldaten auf einen chemischen Krieg eingesetzt. CS setzt beim Abbau im Körper giftiges Cyanid, ein Bestandteil von Zyankali, frei. Die Folgen bei Einatmung sind heftige Hautreaktionen, Allergien, Atemnot, Erbrechen, Lungenödeme und im schlimmsten Fall Erstickungstod.
Selbst das Bundeswehramt für Wehrtechnik stuft das Gas nach der Gefahrenstoffverordnung als „sehr giftig“ ein.
Der taz liegen mehrere Berichte ehemaliger Wehrpflichtiger vor, die bezeugen, daß der Aufenthalt im ABC-Übungsraum als Strafmaßnahme eingesetzt wurde. Heinz-Jörg Jansen, 1986 wie Frank Feldmann Soldat in der Kaserne Coesfeld, schreibt: „... in der Kaserne [wurde] der Umgang und die Ausbildung mit chemischen Gasen fahrlässig gehandhabt ... Renitente Rekruten mußten unter Drohungen einen schmalen Holztunnel gleich zweimal durchqueren. Die Übung war insgesamt gefährlich, der Umgang mit gasverseuchten Räumen meiner Meinung nach fahrlässig.“
Kritik an den CS-Übungen kommt auch aus den Reihen der Bundeswehr. Oberstleutnant Schillings, ehemals Bataillonskommandeur in Coesfeld, kritisiert seit langem den Umgang mit dem Kampfstoff.
Nach langen Querelen über die Unzumutbarkeit von ABC-Dichtigkeitsüberprüfungen für die Beschäftigten der Bundeswehr konnte der Hauptpersonalrat 1990 durchsetzen, daß CS nicht mehr eingesetzt wird. Diese Regelung gilt jedoch nicht für die Wehrpflichtigen. Auch heute noch werden Soldaten in der Grundausbildung zur Überprüfung ihrer Schutzmasken in einen CS-vergasten Übungsraum geschickt. Oberstleutnant Dopzauer, Korps- ABC-Abwehroffizier in Münster, gibt zu: „Es besteht zwar eine Absichtserklärung der Bundesregierung, das CS durch andere Stoffe zu ersetzen, aber vorläufig haben wir nichts Entsprechendes.“ Nichts Entsprechendes heißt, daß es keine Substanzen gibt, die – wie das CS – bei Maskenundichtigkeit eine „sofortige Reaktion des Körpers“ hervorrufen würden. Immerhin dürfe aber eine CS-Übung auf keinen Fall im Zusammenhang mit erzieherischen Maßnahmen durchgeführt werden. Dopzauer: „Es hat solche Einzelfälle gegeben, aber das sind in jedem Fall Fehler und Dienstvergehen der Vorgesetzten.“ Heike Zafar
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