Ökodeutsche lernen genießen

Bio-Weine müssen nicht nur gesund sein. Sie können auch schmecken. Ganz billig ist das Vergnügen aus Frankreich aber nicht  ■ Aus Ribaute Birgit Pape-Thoma

Maria Soria freut sich. Am letzten Tag der diesjährigen Ernte hat sie ihren gesamten 1992er Jahrgang an einen Amerikaner verkauft, der schon vor der Flaschenabfüllung zahlte. Eine Sorge weniger für die Weinbäuerin, die zu der immer noch kleinen Bio-Gemeinde Frankreichs gehört. „Anfangs war ich ziemlich enttäuscht“, gesteht sie. Sie hatte höhere Gewinne erwartet.

Einst hat Maria Soria Ferienwohnungen verkauft. Ein langweiliger Job, vor zehn Jahren erwarb sie ein paar alte Weinberge und ein verlassenes Anwesen ohne Elektrizität und fließendes Wasser. Verstand sich, daß ihr Wein nicht auf Böden wachsen sollte, die mit Chemikalien versaut wurden: statt Kunstdünger Kompost, statt Herbiziden natürliche Unkrautvernichtung.

Seit diesem Jahr regelt die EG- Verordnung 2092/91 Anbau, Herstellung, Kontrolle und Kennzeichnung von Produkten, die das Markenzeichen „ökologisch“ tragen dürfen. Die Deutschen achten immer mehr darauf, sie sind Import-Weltmeister nicht nur von traditionellen, sondern auch von biologischen Weinen. 70 Prozent davon kommen aus Frankreich, meistens aus dem Languedoc- Roussillon. Damit hängt Maria Sorias größtes Problem zusammen: Diese Region ist vor allem für Billigweine bekannt, die in den deutschen Supermärkten in Literflaschen herumstehen. In Frankreich würde so etwas niemand kaufen. Deutsche sind weniger empfindlich, es lohnte sich bisher kaum, ihnen Biowein hoher Qualität anzubieten. Deutsche Bioläden verkaufen am liebsten Landwein, Geschmack egal, Hauptsache gesund. Kein Wunder, meinen Kenner, daß Bio-Wein im Ruf minderer Qualität steht.

Zu Unrecht. Denn auch der deutsche Markt bessert sich. Davon sind zumindest die Weinbauern aus Ribaute überzeugt, eines winzigen Dorfes mit 300 Einwohnern, idyllisch in einem abgeschiedenen Tal im Corbière bei Narbonne gelegen. Sie beschlossen vor fünf Jahren einstimmig, ihre genossenschaftliche Kellerei komplett auf biologischen Wein umzustellen. Ein Generationenbündnis: Unter den südfranzösischen Bio- Weinbauern überwiegen die alten, die der chemischen Keule schon immer ablehnend gegenüberstanden. Aber in Ribaute sind es nun vor allem die jungen, die in Öko- und Marketing-Kategorien denken. Heute ist ihre Cave Coopérative mit einer Million Flaschen pro Jahr weltweit der größte Bio- Wein-Produzent. 90 Prozent sind Qualitätsweine mit „AOC“-Siegel. Vom neuen 1993er sind 500 Hektoliter als „Primeur“ verkauft worden. Wohin? Natürlich nach Deutschland.

Trotz geringerem Ernteertrag und 30 Prozent höheren Selbstkosten beschert der ökologische Anbau der Kooperative erstaunliche Gewinne. Ganz soweit ist Maria Sorias noch nicht. Ihre absolut hochkarätigen, teuren Weine sind schon schwerer an den Kunden zu bringen. Dafür hat sie aber die Genugtuung, daß die hohen Auszeichnungen, die sie in den letzten beiden Jahren erhielt, nicht nur ihre traditionellen Kollegen neidisch machen, sondern auch neue Kunden auf ihr entlegenes Weingut locken.