: Lieferte Heckler und Koch Waffen nach Serbien?
■ Die Staatsanwaltschaft Rottweil ermittelt, ob der Waffenhersteller das Embargo gegen Serbien gebrochen hat / Firmensprecherin: Nur Jagdgewehre geliefert
Oberndorf/London (dpa/ AFP/AP) – Die Staatsanwaltschaft Rottweil hat Vorermittlungen gegen den süddeutschen Waffenhersteller Heckler und Koch aufgenommen, der angeblich Gewehre nach Serbien geliefert haben soll. Nach einem Bericht der britischen Tageszeitung Independent soll 1992 eine Ladung von G-3-Sturmgewehren nach Belgrad geliefert worden sein. Dies wäre ein Bruch des 1991 von der UNO gegen Serbien verhängten Waffenembargos.
Der Independent beruft sich auf serbische Beamte, die bestätigt hätten, daß 1992 eine Ladung von G-3-Gewehren im montenegrinischen Hafen Bar angekommen und mit der Bahn nach Belgrad gebracht worden sei.
Eine Sprecherin von Heckler und Koch im schwäbischen Oberndorf wies die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen habe „zu keinem Zeitpunkt Waffen ins ehemaligen Jugoslawien geliefert“. Lediglich eine „geringe Anzahl“ von Jagdgewehren sei aufgrund eines Vertrags mit einem dortigen Waffenhändler geliefert worden. Der Export der Jagdgewehre sei mit dem Embargo eingestellt worden.
Berichte, daß Maschinengewehre vom Typ MP5 von Heckler und Koch bei irregulären serbischen Truppen aufgetaucht seien, könne sie sich ebenfalls nicht erklären. Diese Gewehre müßten aus der Zeit vor dem Waffenembargo stammen. Wenn dort G 3 und MP5 auftauchten, „sind sie nicht von uns exportiert“ worden, sondern es seien allenfalls Lizenzproduktionen anderer Länder. „Darauf haben wir weder Einfluß noch dafür ein Kontrollorgan“, betonte die Sprecherin. Eine Lizenz zur Produktion von G-3-Gewehren hatte nach ihren Angaben auch der größte britische Rüstungskonzern Royal Ordnance, der Heckler und Koch 1991 aufgekauft habe.
Auch die Staatsanwaltschaft Rottweil bestätigte, daß Heckler und Koch Lizenzen zur Herstellung von G-3-Gewehren ins Ausland verkauft habe. Dieser Waffentyp wird besonders von serbischen Heckenschützen gegen die moslemische Zivilbevölkerung in Bosnien eingesetzt.
Gegen Heckler und Koch läuft derzeit in Rottweil ein Prozeß wegen illegaler Waffenlieferungen an den Irak. Nach einem Bericht der Londoner Financial Times sollen Manager von Royal Ordnance Heckler und Koch in den 80er Jahren mit falschen Papieren geholfen haben, von der Bundesregierung oder der UNO verhängte Exportverbote zu umgehen. In den Unterlagen sei als Bestimmungsland Großbritannien angegeben worden, die Lieferungen seien aber in die damalige DDR, nach Nicaragua und in den Irak gegangen. Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen