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■ Das „ausländerfreundliche Dorf“ zieht eine Zwischenbilanz:Ist das Projekt zu „anspruchsvoll“?

Sattenhausen (taz) – Nieselregen in Sattenhausen. Auf dem Sportplatz herrscht Hochbetrieb, die Herren-Fußballmannschaften des örtlichen VFB trainieren nämlich auch trotz schlechten Wetters in der Winterpause. Unter den rund 30 Männern, die ächzend und schwitzend dem nassen Ball hinterherjagen, sind auch drei oder vier Bosnier auszumachen. Es sind Bürgerkriegsflüchtlinge, die es vor einigen Monaten in dieses Dorf im südlichen Niedersachsen verschlagen hat.

„Wir waren ganz einfach der Meinung, daß wir nicht nur andere Deutsche, die neu nach Sattenhausen kommen, zum Mitmachen auffordern sollten, sondern auch gerade Ausländer“, sagte Bernd Gellert, der Vereinsvorsitzende. „Und damit haben wir auch schon angefangen, lange Zeit bevor das Projekt hier in die Wege geleitet wurde.“

Das „Projekt“ ist ein bundesweit bislang einmaliges Vorhaben: Die in Göttingen ansässige Agrarsoziale Gesellschaft (ASG) sucht „das ausländerfreundliche Dorf“. Konkret geht es dabei darum, in drei ausgewählten Gemeinden – neben Sattenhausen sind das noch die niedersächsischen Dörfer Reinhausen und Scheden – ein besseres Miteinander von Ausländern und Deutschen auszuprobieren. Ein Jahr nach dem Projektbeginn hat die Agrarsoziale Gesellschaft jetzt eine durchaus selbstkritische Zwischenbilanz vorgelegt. Denn sowohl von den Flüchtlingen als auch von der einheimischen Landbevölkerung seien die Zielsetzung und die Vorgehensweise teilweise in Frage gestellt worden, sagte der aus dem Iran stammende Agraringenieur Javad Baradaran, der das Vorhaben bei der ASG koordiniert.

Im Frühjahr waren in den drei beteiligten Ortschaften „runde Tische“ und regelmäßige Workshops eingerichtet worden, an denen sich Vereine, Verbände, Kirchen, Kommunalpolitiker und Vertreter der in den Dörfern lebenden Flüchtlinge treffen. Von einigen deutschen Dorfbewohnern sei das Projektkonzept dabei als „zu wissenschaftlich“ kritisiert worden, berichtete Baradaran. So habe ein Mann erklärt, er wolle zwar etwas für zufluchtsuchende Menschen tun, sei aber nicht bereit, sich für die Wissenschaft ausnutzen zu lassen.

Andere Teilnehmer der „runden Tische“ hätten den Projekttitel als „zu anspruchsvoll“ bezeichnet. Er diskriminiere diejenigen Dörfer, die eigentlich ausländerfreundlich seien, aber keine Möglichkeit hätten, an dem Projekt teilzunehmen. Auf der anderen Seite hätten sich einige Flüchtlinge darüber beschwert, daß ihnen das Projekt durch die Organisation immer neuer Termine und Begegnungen das Leben umständlich und damit unnötig schwer mache, so Baradaran. Auch seien nicht alle Zufluchtsuchenden der Bitte gefolgt, an den vorgeschlagenen Maßnahmen teilzunehmen.

Als positiv wertet der ASG- Koordinator die bislang erreichten praktischen Ergebnisse. Außer der Integration in die örtlichen Sportvereine sind in allen drei Dörfern für die Begegnungen zwischen Einheimischen und Ausländern inzwischen „internationale Teestuben“ eingerichtet worden.

Deutsche Frauen aus den Dörfern haben die Unterbringung von Flüchtlingskindern in Schulen und Kindergärten organisiert und die dafür notwendigen Mittel durch Spendenaktionen zusammengebracht. Auch haben die Projektgemeinden, beileibe keine Selbstverständlichkeit in deutschen Dörfern, Merkblätter für die Asylbewerber erstellt, in denen Informationen über die örtliche Verwaltung, über Verkehrsanbindungen, Sprachkurse und Beratungsmöglichkeiten gegeben werden. Reimar Paul

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