: „Ruhe an der Einleiterfront“
■ WWF-Studie über Befolgung von Grenzwerten durch Betriebe
“An der Einleiterfront wird bald relative Ruhe herrschen“, meint Hans-Peter Weigel vom Bremer Wasserwirtschaftsamt (WWA). Die Schadstoffe, die aus den Abflußrohren der Bremer Fabriken in die Flüsse gelangen, seien „Peanuts“ gegen das, was ein kräftiger Regen an Gift in die Flüsse spülen kann. „Bei einer Analyse des Niederschlagwassers sträuben sich einem manchmal die Haare.“
In der Tendenz stimmt Stephan Lutter vom „World Wide Fund for Nature“ (WWF) Bremen dieser Einschätzung zu: „In den letzten Jahren sind die direkten Einleitungen schon stark zurückgegangen. Das größte Gift kommt heute nicht aus den Fabrikrohren, sondern aus den Fabriktoren. Viele Produkte setzen direkt oder beim Verrotten Schadstoffe frei, die dann als diffuse Quellen die Flüsse schwer belasten.“ Obwohl die Prioritäten der Umweltschützer seit einiger Zeit eher auf diesen diffusen Quellen liegen, haben sie eine Recherche über die Direkteinleiter in Bremen angestellt. Verglichen wurden dabei die behördlichen Daten über Schadstoffmessungen mit den behördlichen Erlaubnisbescheiden an die betreffenden Betriebe. Das Ergebnis: von fünf untersuchten Betrieben in Bremen blieben drei unter den festgesetzten Grenzwerten, eines klagt gegen den Bescheid und gegen ein Unternehmen ermittelt inzwischen die Bremer Staatsanwaltschaft.
Die aus Sicht der Wasserbehörde unproblematischen Betriebe sind die Kraftwerke Hafen und Farge und das Klöckner-Stahlwerk. Unter Berücksichtigung der „vier aus fünf-Regel“ (wenn bei fünf Messungen eine Überschreitung vorkommt, gilt das nicht als Überschreitung) verstößt das Abwasser dieser Betriebe nicht gegen die festgesetzten Schadstoff-Grenzwerte. Anders die „Norddeutsche Steingutfabrik“: wegen dauerhafter Überschreitung der Grenzwerte ermittelt in diesem Fall die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der „Gewässerverunreinigung“.
Bei der „Bremer Wollkämmerei“ liegt der Fall vertrackter: Das Unternehmen klagt gegen den Grenzwertbescheid des WWA, weil es nach Ansicht der BWK an einer ausreichenden Rechtsgrundlage fehlt. Außerdem, erklärt Günter Timmer, Umweltbeauftragter der BWK, seien die Grenzwerte „physikalisch und technisch gar nicht zu erreichen“. Diese Rechnung, gibt er zu, stimmt aber nur bezogen auf den augenblicklichen Standard der Produktion bei der BWK. „Mit unseren Anlagen sind diese Grenzwerte nicht zu erreichen, und wir sind weltweit ein Pilotprojekt.“ Die BWK sei im Umweltschutz auf dem Stand der Technik, so Timmer.
Die Untersuchung ist eine Nachrecherche zu einem Bericht aus dem Sommer vergangenen Jahres. Damals hatte der WWF getestet, wie schnell und wie gut die Beschlüsse der EG und der Nordsee-Konferenzen in nationales und Landesrecht umgesetzt worden sind. Damals hatte der WWF vor allem kritisiert, daß die Arbeit der Behörden zu lange dauere und die Einleiterbescheide zum Teil noch aus den achtziger Jahren datierten. Nun sollten die direkten Daten und die Auskunftsfreudigkeit der Behörden geprüft werden. In puncto Auskunft verteilt der WWF Lob an das Bremer WWA: Schnell und kostenlos sei die Auskunft gewesen. Für die Bescheide als solche gelte aber weiterhin die Kritik vom Sommer, meint Stephan Lutter: Immer noch gebe es Lücken, immer noch würden die Beschlüsse der Nordseekonferenz zu langsam umgesetzt.
Bernhard Pötter
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