Steins müder Fidelio Getanztes Malerleben

■ Andréa Gebhardt & Compagnie in der Opera Stabile

„Man kennt mich ja hier gar nicht“, sagt die in Paris lebende Tänzerin und Choreographin Andréa Gebhardt bescheiden und ist um so mehr erfreut über die positive Resonanz der Zuschauer auf ihr Tanztheaterstück Das Land zwischen Meer und Meer, das sie gemeinsam mit ihrer Compagnie am Wochenende in der Opera Stabile aufführte. Inspirieren ließ sich die gebürtige Hamburgerin Gebhardt vom Leben und Werk des Malers Emil Nolde (1867-1956).

In dem mit verschieden großen Bilderrahmen dekorierten Bühnenbild (Andréa Gebhardt) verleihen die drei Tänzerinnen und ein Tänzer (Susanne Rudert, Susanne Effenberger-Ahrndt, Ingolf Ahrndt) den unterschiedlichen Lebens- und Schaffensstationen Noldes in präzisen Bewegungsabläufen Ausdruck. Dabei gelingt es Andréa Gebhardt, aus einer Mischung klassischer, moderner, pantomimischer und auch asiatischer Tanzelemente eine eigene Tanzform zu entwickeln, die mal ernst, mal schwungvoll oder komisch erscheint.

Die innige Verbindung Noldes zu seiner Frau Ada spiegelt sich in einem wirbelnden Tanz von Mann und Frau wieder, die sich dabei lächelnd in die Augen sehen. Die Einsamkeit und das Einzelgängertum Emil Noldes deutet die 31jährige Gebhardt dagegen in einer Solotanz-Szene an. Die von Andréa Gebhardt entworfenen farbigen Kostüme der zwei Tänzerinnen und des Tänzers weisen im Zusammenhang mit ihren Bewegungen auch auf das Farbmaterial hin, mit dem der Maler umging. Dagegen findet sich das von den Nazis verhängte Malverbot in einer pantomimischen Tanzszene wieder, in der die Tänzer den Marschschritt des Militärs mit zackigen Bewegungen ihrer Hände in den Manteltaschen erzeugen.

Zur Musik des französischen Komponisten Jean-Yves Bosseur - einer fast meditativen Melange gespielt auf Dudelsack, Cello, Saxophon und Akkordeon - verdichtet Andréa Gebhardt in der Schlußszene die Choreographie zu einem Tanz der Hände, deren Bedeutung unter einem einzigen Lichtstrahl gebündelt erscheint.

Simone Ohliger