„Kastanie“ bald aus dem Feuer?

■ Am Montag dritte Verhandlungsrunde zwischen Eigentümern und Besetzern / Behinderter zwangsgeräumt

Keine Gelegenheit, sich ins rechte Licht zu rücken, läßt das Spekulantenduo Michael Stober und Hans Kirchenbauer aus. Offenbar als Reaktion auf die Aufdeckung der mieterfeindlichen Praktiken der Immobilienhändler (die taz berichtete mehrfach), scheinen der Eigentümer und der Verwalter der von der Künstlergruppe „WaWaVox“ besetzten Kastanienallee 77 im Bezirk Prenzlauer Berg plötzlich Kreide gefressen zu haben.

Der als „Kettensägenangriff“ in die Geschichte der Ostberliner Besetzerbewegung eingegangene Räumungsversuch im Oktober vergangenen Jahres jedenfalls sei ein Mißverständnis gewesen, heißt es plötzlich. Im übrigen sei man an einer einvernehmlichen Lösung mit den Besetzern interessiert. Am Montag soll nun die dritte Verhandlungsrunde stattfinden.

Zur Debatte stehen verschiedene Möglichkeiten, von der Eigentümermodernisierung bis hin zum Verkauf an einen gemeinnützigen Träger. Auf den Versuch der Herren Stober/Kirchenbauer, die Besetzer in die rückseitig gelegene Fabrik und Remise zu verbannen, will sich die Künstlergruppe allerdings nicht einlassen. „Unser Konzept beinhaltet Leben und Arbeiten“, betonen sie und verweisen darauf, daß ihr Kaufangebot für 800.000 Mark immer noch Gültigkeit habe. „Doch dann“, meinen die Besetzer, „hätten die Eigentümer endgültig ihr Gesicht verloren.“

Zweifel herrscht denn auch an der tatsächlichen Verhandlungsbereitschaft von Stober und Kirchenbauer. Trotz der Verhandlungen seien nach wie vor mehrere Räumungsverfahren gegen die in der Kastanienallee gemeldeten Personen anhängig.

Kein Pardon kannte Hausverwalter Stober in der Neuköllner Pannierstraße 10. Auf Stobers Veranlassung hin wurde zu Beginn der Woche dort die Wohnung und der Gewerberaum eines Schwerbehinderten geräumt. Statt 600 Mark sollte der Inhaber eines Briefmarkengeschäfts plötzlich 1.200 Mark Miete zahlen. Zur Begründung hieß es, auch die Wohnräume seien als Gewerberaum anzusehen. „Säumig“ im rechtlichen Sinne war der Fünfzigjährige geworden, als er ein Angebot von Stober auf Ausgleich der Schäden in der Wohnung ernst nahm und mehrere Monate keine Miete bezahlt hatte. Doch auch hier zeigte sich Stober „verhandlungsbereit“. Dem Mieter wurden die benachbarten Gewerberäume angeboten: Zum Preis von 3.348 Mark pro Monat. Uwe Rada